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Einigung mit Gläubigern: Kuba setzt Schuldentilgung für 2021 aus

Karibikstaat trifft Übereinkommen mit "Pariser Club". Die für November vorgesehene jährliche Schuldentilgungsrate wird aufgeschoben

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Permanente Kreditgeber des Pariser Clubs
Permanente Kreditgeber des Pariser Clubs

Havanna/Paris. Kuba leistet dieses Jahr keinen Schuldendienst. Eine bereits im Juni getroffene Einigung wird nun in Kraft treten, bestätigen Diplomaten von fünf der Gläubigerländern. Damals hatte sich Vizepremierminister Ricardo Cabrisas mit Vertretern der Geldgeber in Paris getroffen, um über eine Anpassung der Zahlungsmodalitäten zu beraten. In einem offiziellen Statement heißt es dazu, dass die "kubanische Delegation einen Überblick über die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Landes gegeben und Maßnahmen vorgestellt habe, mit denen die Regierung die kubanische Wirtschaftsentwicklung im Kontext der Coronakrise unterstützt."

Bei dem Treffen hatten beide Seiten bekräftigt, an der ursprünglichen Übereinkunft von 2015 festhalten zu wollen, die dem Inselstaat damals einen Teil älterer Schulden erließ. Offiziellen kubanischen Berichten zufolge habe man den 14 Geldgeberländern gegenüber, darunter Australien, Kanada, Frankreich, die Schweiz und Großbritannien, das Engagement zur Einhaltung der ausgehandelten Verpflichtungen wiederholt.

Bereits 2019 hatte Kuba erstmalig keine komplette Rate zurückzahlen können. Als Gründe hierfür wurden die verschärften Sanktionsregeln seitens der Trump-Administration angegeben, die sich negativ auf Investoren und Devisenquellen auswirkten. Noch im Februar 2020 hatte Kuba in einem Schreiben an den "Pariser Club" zugesichert, bis Mai die fällige Rate zahlen zu wollen (amerika21 berichtete) – ein Vorhaben, das angesichts der unveränderten Sanktionslage und der Einschränkungen durch die Coronapandemie sich als eine nicht einzuhaltende Absicht darstellte.

Seit Beginn der Pandemie befindet sich das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise mit einem Negativwachstum von 11 Prozent allein im Jahr 2020. Die Außenhandelserlöse sanken um 4 Milliarden US-Dollar. Daher hatte Kuba 2020 eine zwei-jährige Aussetzung der Rückzahlungsfrist beantragt, welche jedoch nur für ein Jahr, mit der Option nachzuverhandeln, gewährt wurde. Der aktuelle Ratenrückstand beläuft sich laut Diplomatenaussagen auf ca. 220 Millionen US-Dollar. Ob für die jetzt ausgesetzte Ratenzahlung Strafzinsen erhoben werden ist bisher nicht bekannt. Geberländer haben angesichts der Pandemiesituation anderen Schuldnerländern solche Strafen erlassen.

Unterdessen hat Kuba bekanntgegeben, zum 15. November seine Grenzen für den internationalen Tourismus wieder zu öffnen. Der Tourismussektor, welcher ca. 10 Prozent des kubanischen BIP ausmacht, wurde durch die Pandemie besonders stark getroffen. Bis Jahresende erhofft sich Kuba noch die 300.000-Touristen-Marke für dieses Jahr zu erreichen. Ein dennoch wirtschaftlich schwerer Einschnitt. Bereits im vergangenen Jahr war die Zahl der Touristen um fast 50 Prozent auf 1,1 Millionen gesunken. Nach inoffiziellen Angaben aus den Reihen des "Pariser Clubs" erwarte man jedoch einen zunehmend stabileren Tourismus, der insbesondere für 2022 ermöglichen soll, die bis dahin ausgesetzte Rate zurückzuzahlen.

Möglich werden dieser und weitere Öffnungsschritte hin zu einer Normalisierung des Lebens durch die vergleichsweise hohe Impfquote des Landes, so Behördenaussagen. Laut Angaben des kubanischen Gesundheitsministeriums haben zum 19. Oktober 60 Prozent aller Kubaner einen vollständigen Impfschutz und über 85 Prozent mindestens eine Dosis der verschiedenen kubanischen Impfstoffe erhalten. Im September wurde von offizieller Seite einer Notfallzulassung der Impfstoffe Abdala, Soberana 02 sowie Soberana Plus für unter 18-Jährige zugestimmt, um eine stufenweise Öffnung des Schulbetriebes zu ermöglichen. Nach Regierungsangaben habe eine Kombination der Soberana-Impfstoffe in klinischen Phase III- Studien eine Wirksamkeit von über 90 Prozent bei der Verhinderung von Krankheitssymptomen gezeigt. Seit Ende September sinkt die Neuinfektionsrate in dem Karibikstaat deutlich, deren Spitzenwerte im Juli und August erreicht worden waren und Krankenhäuser und Isolationsstationen an ihr Limit gebracht hatten.

Bisher hat Kuba 941.562 bestätigte Coronafälle von denen 98,45 Prozent als genesen gelten. Mit 8.133 zu beklagenden Todesfällen liegt der Sterblichkeitsanteil bei 0,86 Prozent. Für November prognostiziert Kuba eine Erwachsenenimpfquote von über 92 Prozent, welche dazu beitragen soll, die Wirtschaftskraft durch weitere Öffnungsschritte zu reaktivieren. Dies sei ausgesprochen wichtig, so Wirtschaftsminister Alejandro Gil. Man müsse vor allem die Binnenwirtschaft stärken, um die Inflation zu reduzieren, die Experten zufolge im August bei 60 Prozent lag und bis zum Ende des Jahres auf 500 Prozent steigen könnte. Daher sei es von Bedeutung, die im Juni durch die Regierung verabschiedete Post-Covid-Strategie umzusetzen, welche unter anderem vorsieht, Löhne, Pensionen und staatliche Stützleistungen für vulnerable Personen anzuheben, um der Unterversorgung in der Bevölkerung entgegen zu wirken. Hier komme dem Privatsektor eine besondere Bedeutung zu, so Gil weiter. Er ermögliche eine Reduktion von Importgütern und der dafür benötigten Devisen und trage damit zur Stärkung der Nationalwährung und damit Preissenkungen bei.