NGOs beleuchten Rolle der Agrarlobby von Brasilien bei EU-Mercosur Freihandelsabkommen

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Unter dem Titel "Eu-Mercosur-Handelsabkommen - Keine Bürgerbeteiligung und Rechte, dafür Kahlschlag der Wälder" veröffentlicht Rettet den Regenwald einen Bericht, der vor allem die Agrarlobby stark kritisiert
Unter dem Titel "Eu-Mercosur-Handelsabkommen - Keine Bürgerbeteiligung und Rechte, dafür Kahlschlag der Wälder" veröffentlicht Rettet den Regenwald einen Bericht, der vor allem die Agrarlobby stark kritisiert

Hamburg/São Paulo. Das EU-Mercosur Freihandelsabkommen ist maßgeblich von Brasiliens Agrarlobby beeinflusst worden. Das geht aus einem Anfang Oktober veröffentlichten Bericht des Vereins "Rettet den Regenwald", des deutschen Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile-Lateinamerika (FCDL) und der brasilianischen Beobachtungsstelle für Agrarindustrie hervor.

Die Veröffentlichung untersucht die Rolle der Agrarlobby bei den Verhandlungen des Freihandelsabkommens, welches am 28. Juni 2019 unterzeichnet wurde. Sie stützt sich auf wissenschaftliche Untersuchungen und Interviews mit NGOs, Basisorganisationen, Wissenschaftler:innen und Forscher:innen aus Brasilien und Paraguay über das Freihandelsabkommen – Stimmen, die bei den Verhandlungen nicht konsultiert worden waren.

Der Bericht betont, wie groß die Lobby der Agrarunternehmen ist. Besonderes Augenmerk liegt auf der parlamentarischen Interessenvertretung für die brasilianische Agrarindustrie (FPA), welche bereits 2019 in die Kritik geriet. 44 Prozent der Mitglieder des brasilianischen Parlaments waren 2019 Teil der FPA, welche vom Institut Pensar Agro (IPA) unterstützt wird. Das Institut wiederum wird von mehr als 40 Verbänden finanziert, zu denen laut der Zeitschrift Forbes auch die internationalen Konzerne Bayer, BASF, BRF, JBS, Syngenta, Bunge und Cargill gehören.

Für Denildo Rodrigues von der nationalen Koordinierungsstelle der afrobrasilianischen Quilombola-Gemeinden (CONAQ) stellt das Freihandelsabkommen ein Projekt der Rekolonisierung Lateinamerikas dar. "Europa rekolonisiert unseren Kontinent und verwandelt uns in einfache Produzenten von Primärgütern", erklärt er. Damit bezieht er sich auf den Plan der Europäischen Union, die Zölle für einen Großteil der Mercosur-Produkte abzuschaffen. Durch die Abschaffung der Zölle soll die Ausfuhr von Agrarprodukten wie Rindfleisch, Soja und Ethanol aus Zuckerrohr direkt begünstigt werden.

Auch von Indigenen wird die Agrarlobby immer wieder kritisiert. Die aktuelle Vorgehensweise missachte die Rechte der indigenen Völker. Außerdem würden die Vertragsstaaten mit der Lockerung der Regeln für den Einsatz von Pestiziden und den Landraub im Amazonasgebiet die Umwelt bewusst angreifen.

Carlos Ritt, Gastforscher am Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam und ehemaliger Exekutivsekretär der Klimabeobachtungsstelle, kritisiert dieses Vorgehen: "Obwohl das Abkommen ein ganzes Kapitel dem Handel und der nachhaltigen Entwicklung gewidmet hat, gibt es auf dem Papier keine Mechanismen, die deren Einhaltung garantieren. Es fehlt die Verpflichtung ökologische Rückschritte auszuschließen, zur Achtung der Rechte und zum Schutz indigener Völker, zur vollständigen Umsetzung des Pariser Abkommens durch alle Unterzeichnerstaaten und zur Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Überwachung der Umsetzung des Abkommens."