OPS besorgt um Impfstoffversorgung in Lateinamerika und der Karibik

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Viele Länder in Lateinamerika sind stark auf Hilfslieferungen von Covid-19-Impfstoffen angewiesen
Viele Länder in Lateinamerika sind stark auf Hilfslieferungen von Covid-19-Impfstoffen angewiesen

Washington. Die Panamerikanische Gesundheitsorganisation (Organización Panamericana de la Salud, OPS) hat darauf hingewiesen, dass die ungleiche Verteilung des Impfstoffes gegen Covid-19 eine große Schwachstelle im Kampf gegen das Virus in Lateinamerika und der Karibik darstellt. Die Direktorin der Organisation Dr. Carissa Etienne bezeichnete diese Ungleichheit als die "Achillesferse" im Kampf gegen die Pandemie.

Die OPS wurde 2. Dezember 1902 gegründet und ist die für ganz Amerika zuständige regionale Organisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Die fast zwölf Millionen Impfstoffspenden aus den USA und einzelnen europäischen Staaten würden nicht ausreichen, um die mehreren 100 Millionen Menschen zu schützen, die weiterhin gefährdet sind. Trotz aller Bemühungen sind etwa 75 Prozent der lateinamerikanischen Bevölkerung nach wie vor nicht vollständig gegen Covid-19 geimpft, obwohl die Notwendigkeit einer dritten Dosis bereits in einigen Teilen der Welt diskutiert wird, so Etienne.

Die WHO verzeichnet weltweit 218,9 Millionen Covid-19 Infektionen und 4,5 Millionen Todesfälle. Etwa 38 Prozent dieser Fälle (84,4 Millionen Infizierte) und etwa 46 Prozent der Todesfälle (2,1 Millionen) sind in Amerika zu verzeichnen.

Als der am stärksten betroffene Kontinent hat Amerika nach Angaben der OPS bis vergangenen Freitag rund 935 Millionen Dosen des Impfstoffs verabreicht: Die meisten in den USA (mehr als 371 Millionen), gefolgt von Brasilien (fast 177 Millionen), Mexiko (82,6 Millionen), Kanada (52,9 Millionen), Argentinien (40,9 Millionen), Kolumbien (34,2 Millionen), Chile (26,9 Millionen), Peru (17,7 Millionen), Ecuador (17,5 Millionen) und Kuba (12,9 Millionen).

Laut Dr. Etienne konnte mehr als ein Drittel der Länder in der Region bisher nicht einmal 20 Prozent ihrer Bevölkerung impfen. Mancherorts sei die Abdeckung sogar noch viel geringer: Die Impfraten in mehreren karibischen und südamerikanischen Ländern liegen weiterhin unter 20 Prozent, in zentralamerikanischen Ländern wie Guatemala, Honduras und Nicaragua liegt die Durchimpfungsrate im einstelligen Bereich.

Diese niedrigen Impfquoten verstärken die Sorgen, da in mehreren Ländern Lateinamerikas und der Karibik wie beispielsweise in Costa Rica, Belize, Puerto Rico, St. Lucia oder Jamaika ein rapider Anstieg der Neuinfektionen zu verzeichnen ist.

In Haiti und Venezuela haben die schwachen Gesundheitssysteme und die politischen Herausforderungen die Impfungen weiter verzögert. Venezuela prangert an, dass das Land trotz der Leistung aller Zahlungen an die globale Impfinitiative Covax lange keine der erwarteten Dosen bekommen hat und stellte ein Ultimatum: Die Auslieferung der Dosen oder die Rückzahlungen der getätigten Zahlungen. Mittlerweile haben die Auslieferungen der Vakzine nach Venezuela jedoch begonnen.

Dr. Etienne bezeichnete den gravierenden Mangel an Impfstoff in Lateinamerika und der Karibik als einen "Weckruf", die regionale Impfstoffproduktion zu erhöhen, und kündigte eine neue Plattform an, um dieses Ziel zu erreichen. Die OPS werde sich in Kooperation mit der WHO bemühen, die mRNA-Impfstofftechnologie in die Region zu bringen und die Herstellung vor Ort zu fördern. Sowohl öffentliche und als auch private Partner sollen dabei eingebunden werden.

Neben diesen Bemühungen hatte die OPS bereits angekündigt, ihren sogenannten Revolving Fond zu nutzen, um die Ländern Lateinamerikas und der Karbik bei der Impfstoffbeschaffung zu unterstützen. Der Fonds, der seit 42 Jahren andere Impfstoffe für die Region zu erschwinglichen Preisen beschafft, nimmt bereits Anträge für die letzten drei Monate des Jahres 2021 und für 2022 entgegen, sagte die OPS-Direktorin.

Ziel sei es, die 20 Prozent zu übersteigen, die Covax anbietet. Sie bezog sich dabei auf die Verpflichtung von Covax, Impfstoffe für 20 Prozent der Bevölkerung der Region, also für die am stärksten gefährdeten Gruppen, zu beschaffen.

Bislang haben mehr als 20 Länder offiziell ihr Interesse bekundet. Impfstoffe, Spritzen, Kühlkettenausrüstung und anderes Material sollen zu einem erschwinglichen Preis erworben werden können.