Brasilien / Politik

Brasilien: Jair Bolsonaro und das Recht auf freie Meinungsäußerung

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Brasiliens Präsident Bolsonaro bei einem Interview
Brasiliens Präsident Bolsonaro bei einem Interview

Brasília. Mehr als 176 Profile soll Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro auf seinen Social Media Kanälen blockiert haben – so eine Recherche der US-amerikanischen Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch (HRW). Darunter die von vielen Journalist:innen, Influencer:innen und Politiker:innen.

Über Twitter rief HRW seine Follower:innen mehrfach auf, sich zu melden, wenn Bolsonaro sie blockiert habe. Mehr als 400 Personen kamen dem nach, 176 davon mit Screenshots als Nachweis. Die NGO geht davon aus, dass wahrscheinlich noch wesentlich mehr Profile betroffen sind.

Für Bolsonaro selbst sind seit seiner Wahlkampagne im Jahre 2018 Social Media mit die wichtigsten Kommunikationskanäle. Auf Facebook gibt er wöchentlich alle wichtigen Neuigkeiten in einem Live-Video bekannt, auf Twitter tauscht er sich mit seinen Follower:innen aus und kritisiert Organisationen und Pressemitarbeiter:innen, die sich gegen seine Positionen aussprechen. Auch gibt der Präsident offizielle Beschlüsse über Twitter und Facebook bekannt, unter anderem die Erhöhung des Mindestlohns.

Blockierte Profile können nun nicht mehr auf Bolsonaros Profil zugreifen. Weder haben sie Zugang zu den von ihm publizierten Informationen, noch können sie kommentieren oder debattieren. HRW sieht darin eine Verletzung des Rechts auf Meinungs- und Pressefreiheit sowie des Rechts auf Teilhabe am öffentlichen Diskurs.

Das Oberste Bundesgericht Brasiliens ermittelt aktuell in sechs Fällen, ob das Blockieren strafrechtlich relevant ist. Ebenso wird ein Gesetzesentwurf diskutiert, um es Personen des öffentlichen Lebens schwerer zu machen, auf ihren nichtprivaten Profilen Menschen zu blockieren. So wurde 2019 bereits in Mexiko sowie auch in den USA entschieden, dass nur Profile gesperrt werden dürfen, welche gegen geltendes Recht verstoßen.

Der brasilianische Verband für investigativen Journalismus (Abraji) führte unlängst eine Erhebung durch und stellte fest, dass mehr als 135 Reporter:innen und Journalist:innen von staalichen Funktionär:innen blockiert wurden, davon die Mehrheit von Bolsonaro selbst.

Wie viele Konten genau blockiert sind, kann HRW nicht angeben. Eine Anfrage blieb von offiziellen Stellen unbeantwortet. Unter den betroffenen Profilen sind auch die von 16 Organisationen, darunter die brasilianischen Accounts von Amnesty International, Reporter ohne Grenzen, HRW selbst sowie die Accounts einiger Medien aus Brasilien.