Venezuela stellt erneut seine Währung um

Am 1. Oktober wird der "Digitale Bolívar“ in Umlauf gebracht. Damit werden sechs Nullen aus dem derzeitigen "Souveränen Bolívar" gestrichen, der fast vollständig an Wert verloren hat

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"Digitaler Bolívar":Die neuen Scheine von fünf  bis 100 BsD
"Digitaler Bolívar":Die neuen Scheine von fünf bis 100 BsD

Caracas. Die Zentralbank von Venezuela (BCV) wird die Landeswährung ab Oktober überarbeiten. In einem Kommunique kündigte die Bank die Einführung des Digitalen Bolívar (BsD) an, der sechs Nullen streichen und den Souveränen Bolívar (BsS) ersetzen soll, um "eine einfachere Währungsskala einzuführen".

Die Anpassung sei zu einem Zeitpunkt notwendig, "an dem sich das Land nach der Krise, die durch brutale Angriffe auf unsere Wirtschaft, unsere Währung und die kriminelle Verhängung einer Finanzblockade ausgelöst wurde, den Weg der wirtschaftlichen Erholung beginnt", heißt es darin.

Die BCV betonte zudem die Notwendigkeit, den Übergang zu einer digitalen Wirtschaft durch die Modernisierung der Zahlungssysteme zu beschleunigen. In Anbetracht der durch die Inflation verursachten Bargeldknappheit haben die Banken des Landes eine Reihe praktischer digitaler Transaktionsmöglichkeiten entwickelt.

Gleichzeitig ist eine zunehmende Dollarisierung der alltäglichen Transaktionen festzustellen, wobei die Einzelhändler ihre Preise meist in US-Dollar festlegen.

Die Umstellung erfolgt nur drei Jahre nach der Einführung des Souveränen Bolívar im Jahr 2018. Seinerzeit strich die Zentralbank fünf Nullen aus dem damaligen Starken Bolívar (BsF), und die neue Währung wurde als Teil eines Reformpakets namens Plan für wirtschaftliche Erholung, Wachstum und Wohlstand eingeführt.

Nach einer kurzen Phase der Stabilität gingen jedoch die Abwertung des Bolívar und die Inflation weiter. Zunehmend liberale Wirtschaftsmaßnahmen der Regierung von Präsident Nicolás Maduro ‒ unter anderem wurden Devisenkontrollen aufgehoben ‒ konnten die Inflations- und Abwertungsspirale zwar etwas bremsen, aber nicht stoppen.

In der Folge hat der Souveräne Bolívar innerhalb von drei Jahren fast vollständig an Wert verloren. Der Wechselkurs lag im August 2018 bei 60 BsS für einen US-Dollar und ist heute auf 4,05 Millionen BsS für einen US-Dollar gefallen. Die BCV musste zweimal neue Scheine in Umlauf bringen, wobei eine Million BsS derzeit der höchste Nennwert ist (etwa 0,25 Dollar).

Der Ökonom und Universitätsprofessor Ingerzon Freites sagte gegenüber Venezuelanalysis, dass diese Umstellung ald solche nur ein "kosmetisches, buchhalterisches Instrument" sei, das in einen umfassenderen "makroökonomischen und steuerlichen Stabilitätsplans" einbezogen werden müsse

"Die Währungsumstellung muss Teil eines Programms sein, das klare Maßnahmen, Ziele und Vorgaben in Zahlen enthält. Es braucht Transparenz, um in der Bevölkerung, bei Wirtschaftsakteuren, Investoren usw. Vertrauen zu schaffen", betonte er.

Freites fügte hinzu, dass der jüngste wirtschaftliche "Liberalisierungs"-Kurs der Regierung Anhaltspunkte für die kommenden Maßnahmen bieten könne. "Der Plan muss transparent sein und von einer aufrichtigen Bewertung der gegenwärtigen Situation ausgehen", bekräftigte er und lobte gleichzeitig eine Ankündigung der Regierung vom Freitag, wonach auf 597 Produkte Importsteuern erhoben werden sollen, um die nationale Produktion anzukurbeln.

Die venezolanische Wirtschaft ist von einer seit sieben Jahren anhaltenden Rezession gezeichnet und leidet unter der Last erdrückender US-Sanktionen. Den jüngsten BCV-Daten zufolge schrumpfte das BIP zwischen 2013 und dem ersten Trimester 2019 um 65 Prozent. Es gibt indes Hoffnung, dass das Land 2021 zum Wirtschaftswachstum zurückkehren wird.

Die Regierung Maduro hat ihrerseits versucht, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, indem sie immer günstigere Bedingungen für private Investitionen angeboten hat, darunter Steuererleichterungen und abgeschwächten Arbeitsschutz. Die Gesetzesinitiativen wie das Anti-Blockade-Gesetz und die Sonderwirtschaftszonen (SWZ) sind jedoch umstritten: Chavistische Organisationen und Intellektuelle argumentieren, dass die Maßnahmen die Souveränität des Landes gefährden und einen Bruch mit dem sozialistischen Projekt des ehemaligen Präsidenten Hugo Chávez bedeuten.