Haiti-Affäre: Hat Rekrutierer von Söldnern Verbindungen zu Iván Duque und Juan Guaidó?

Sicherheitsfirma aus Miami hat kolumbianische Ex-Militärs angeheuert. Manager der Firma in Florida gegen venezolanische Regierung aktiv, FBI ermittelt

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Antonio "Tony" Intriago (rechts im Bild) bei einer Schulung in seiner CTU Federal Academy
Antonio "Tony" Intriago (rechts im Bild) bei einer Schulung in seiner CTU Federal Academy

Bogotá/Miami. Kolumbianische Enthüllungsjournalist:innen weisen hin auf mögliche Beziehungen zwischen einem Verdächtigen im Mordfall Jovenel Moïse und dem Regierungschef von Kolumbien, Iván Duque, sowie dem venezolanischen Oppositionellen Juan Guaidó. Der Verdächtige ist der in Miami lebende Venezolaner Antonio Intriago. Seine Firma CTU-Security hat einige der in Haiti festgenommenen kolumbianischen Söldner engagiert. Die US-Bundespolizei FBI ermittelt gegen ihn wegen Waffenhandels und wegen des Mordes an Moïse.

Laut Quellen der Journalist:innen Gonzalo Guillén und Marisol Orozco hat eine Firma von Intriago das Konzert "Venezuela sind wir alle" (Venezuela somos todos) gegen die Regierung von Nicolás Maduro im Februar 2019 in Cúcuta mitorganisiert. Intriago, Duque und Guaidó wurden beim Konzert zusammen gesehen, heißt es in dem unabhängigen Medienportal La Nueva Prensa.

Duque und Intriago kannten sich offenbar von früher. Laut La Nueva Prensa trafen sie sich am 10. Februar 2018 bei einer Veranstaltung der Präsidentschaftswahlkampagne von Duque in Miami. Der Pressesprecher von Duque, Hassan Amín Abdul Nassar, gab das Treffen zu. Es sei aber eine bedeutungslose Begegnung gewesen, von der es keine Fotos gebe. La Nueva Prensa zeigt allerdings ein Bild von damals, auf dem der damalige Präsidentschaftskandidat und der Sicherheitsunternehmer lächelnd zusammen posieren.

Intriago ist Gründer und Manager der Firmen "Anti-Terror Bundesakademie" (Academia Federal Antiterrorista) und CTU-Security, die ihren Sitz in der Stadt El Doral des Miami-Dade County haben. Die erste Firma trainiert Zivilpersonen in Anti-Terror-Techniken und die zweite, die Intriago 2008 gründete, vermittelt Sicherheitspersonal.

Einige der in Haiti festgenommenen kolumbianischen Ex-Militärs sagten, sie seien von CTU-Security angeheuert worden. Die Firma hat 19 Flugtickets für die Söldner gekauft. Nach Angaben des Polizeichefs von Haiti, León Charles, habe der haitianische Arzt und mutmaßliche Drahtzieher der Ermordung von Moïse, Christian Emmanuel Sanon, Itriagos Sicherheitsfirma mit dem Attentat beauftragt.

Laut der Zeitung Miami Herald hat Intriago bereits in Zeiten von Hugo Chávez gegen die linke Regierung bei der venezolanischen Einwanderungsgemeinde in Florida mobil gemacht. "Er war sehr daran interessiert, dass sich die Gemeinde politisch organisiert. Er hat sich immer freiwillig gemeldet, um an Kommissionen teilzunehmen, die für Sicherheit und Kommunikation zuständig sind", sagt ein Gegner der Maduro-Regierung gegenüber dem Miami Herald. Die Zeitung berichtet außerdem, dass Intriago dem Polizeikommissariat der Florida-Stadt Sweetwater Schutzausrüstung lieferte. Weitere Kunden waren private Sicherheitsunternehmen in Lateinamerika.

Vor den US-Wahlen hätten Intriago und Duque eine politische Kampagne für Donald Trump mittels des kolumbianischen diplomatischen Apparats in Miami und Washington durchgeführt, so Nueva Prensa. Zur Kampagne gehörte, Joe Biden und Kamala Harris als "Kommunisten im Dienst der Tyranneien von Venezuela und Kuba" zu kolportieren. An diesem Unternehmen war laut demnach der US-kolumbianische Kommunalpolitiker Alfred Santamaría beteiligt. Ihn würden die politischen Aktivitäten in Miami mit Intriago verbinden.

Santamaría war im März im Nariño-Palast in Bogotá bei verschiedenen Meetings, deren Agenda nicht bekannt ist. Seinen Besuch im Regierungs- und Wohnsitz des Präsidenten hat er selbst in seinen sozialen Netzwerke-Accounts mit Fotos belegt. Dort hat der US-Kolumbianer auch seine Sympathien für den ultrarechten Ex-Präsidenten Álvaro Uribe kundgetan, dem er zu seinem Geburtstag öffentlich gratulierte und "meinen lieben Präsidenten" nennt. Santamaría ist auf anderen Fotos mit Politiker:innen der kolumbianischen Regierungspartei sowie mit Juan Guaidó und dem Politberater Juan José Rendón zu sehen. Rendón hat im Jahr 2020 die "Operation Gedeón" mitorganisiert und –finanziert, die auf den Sturz von Präsident Maduro abzielte.

Inzwischen hat der kolumbianische Nachrichtenkanal Noticias Caracol neue Details des Komplotts gegen Moïse enthüllt. Im November 2020 hätten Intriago, Sanon, und vier weitere Männer den Mord auf dem Betriebsgelände von CTU-Security in Miami geplant. Einer der vier mutmaßlichen Mittäter sei der Kolumbianer Jhonatan Rivera. Sein Bruder, der Ex-Hauptmann Germán Rivera, wurde in Haiti festgenommen.

Die Brüder Rivera und der Ex-Feldwebel der Streitkräfte Kolumbiens, Duberney Capador, haben die kolumbianischen Söldner kontaktiert und rekrutiert, so der Nachrichtenkanal. Die haitianische Polizei tötete Capador nach dem Mord an Moïse und Jhonatan Rivera kooperiert jetzt als Zeuge mit den Behörden.

Nach Angaben von Noticias Caracol deuteten die Hinweise des FBI und der haitianischen ermittelnden Behörden darauf hin, dass der Interimspremierminister Claude Joseph der Hauptdrahtzieher des Mordes sei. Dem kolumbianischen Nachrichtensender lägen Fotos und Dokumente vor, die Joseph mit den kolumbianischen Söldnern in Verbindung bringen.