Nicaragua / Politik

Parlament von Nicaragua beschließt Wahlrechtsreform

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Geschlechtergerechtigkeit ist Teil des neue Wahlgesetzes
Geschlechtergerechtigkeit ist Teil des neue Wahlgesetzes

Managua. Die Nationalversammlung Nicaraguas hat eine Reform des Wahlrechts beschlossen und den Obersten Wahlrat (CSE) des Landes neu gewählt. Damit wurde der rechtliche Rahmen für die am 7. November stattfindenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen neu abgesteckt. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte schon im Zuge ihrer Beobachtungsmission zu den Kommunalwahlen 2017 in Nicaragua eine Reform des Wahlrechts und die Aktuallisierung der Wahlregister eingefordert. Als Frist hatte die OAS den Mai 2021 gesetzt.

Zu den wesentlichen Änderungen im Wahlgesetz gehört die Durchsetzung der Geschlechtergerechtigkeit in allen Wahlbehörden, Parteien, Wahllisten und zu wählenden Gremien. Alle Listen müssen zur Hälfte mit Frauen besetzt sein. Politische Parteien, Bündnisse und ihre Kandidat:innen dürfen keine direkte oder indirekte Finanzierung aus dem Ausland erhalten. Diese Regelung war schon in einem Gesetz zu ausländischen Agenten enthalten. Ähnliches gilt in vielen Ländern und wurde jetzt ins Wahlrecht überführt. Eine Kandidatur soll auch ausgeschlossen sein, wenn sich eine Person an Terrorakten beteiligt hat oder Sanktionen ausländischer Mächte gegen ihr Land fordert.

Weiter sieht das neue Wahlrecht vor, dass Abgeordnete einer Partei, die im Laufe einer Legislaturperiode ihre Parteizugehörigkeit wechseln, auf Antrag der Partei zukünftig ihr Mandat aberkannt werden kann. Um mögliche Fehler in den Wählerverzeichnissen zu vermeiden, wird der CSE den Datenaustausch zwischen den Stadtverwaltungen, den kommunalen Personenstandregistern und dem CSE selbst modernisieren.  Die Erstattung von Wahlkampfkosten sollen zukünftig alle Parteien entsprechend ihrer Stimmen erhalten. Bisher wurde diese erst ab einem Stimmenanteil von vier Prozent ausgezahlt.

Die Nationalversammlung hatte für die Gesetzesnovellierung eine Sonderverfassungskommission für Wahlangelegenheiten eingesetzt, die die Änderungswünsche aller politischen Parteien anhörte und teilweise in die Gesetzesvorlage einarbeitete. Abschließend wurde das neue Wahlgesetz mit 85 Ja-Stimmen und vier Gegenstimmen verabschiedet. Bei der Wahl der Mitglieder des CSE wurden zwei bisherige Vertreter der FSLN wiedergewählt, außerdem fünf neue sandinistische Vertreter plus vier Vertreter von anderen Parteien. Dies spiegelt in etwa das bestehende Stimmenverhältnis in der Nationalversammlung. Das Bündnis der FSLN hat im Parlament 70 von 90 Stimmen, 19 Abgeordnete kommen aus sechs weiteren Parteien.

Schon vor den Anhörungen der Sonderverfassungskommission hatten die Oppositionsblöcke der Nationalen Koalition (CN) und der Bürgerallianz (AC) in Kooperation mit etwa 50 Organisationen, Jugend-Gruppen und Teilen der nicaraguanischen Privatwirtschaft eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die geplante Wahlrechtsreform ablehnten und eine Gegenreform forderten. Regierungsgegner hatten eine eigene Liste für die Besetzung des CSE vorgeschlagen. Die Nationalversammlung hat sie jedoch nicht angenommen.

Das ab und zu aufblühende Gemeinschaftsgefühl der Gegner:innen der sandinistischen Regierung ist allerdings nicht immer tragfähig. Voraussichtlich werden die verschiedenen Bündnisse bei den nächsten Wahlen nicht gemeinsam, sondern unter zwei verschiedenen Parteinamen antreten: "Partei der Demokratischen Wiederherstellung" (Partido de Renovación Democrática, PRD) und Partei der "Bürger für die Freiheit" (Ciudadanos x la Libertad, CxL). Die der "Sandinistischen Erneuerungsbewegung" (Movimiento de Renovación Sandinista, MRS) nahestehenden Organisationen planen eine Wahlbeteiligung mit der PRD, während das Umfeld der Großunternehmer anscheinend mit der CxL antreten möchte.

Es ist noch offen, ob es eine:n oder mehrere oppositionelle Kandidat:innen für die Präsidentschaft in Nicaragua geben soll. Die Kandidat:innenwahl soll in einem bisher noch nicht genau bestimmten Prozess von Vorwahlen erfolgen. Die CN hat bisher mindestens sechs Kandidat:innen benannt. Sie denkt aber auch über Cristiana Chamorro, Tochter der früheren Präsidentin Violeta Barrios de Chamorro, als übergreifende Kandidatin nach. Mögliche Kandidaten aus dem Umfeld der Bürgerallianz sind bisher Arturo Cruz, Ex-Botschafter in Washington, und Juan Sebastián Chamorro.