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Erste Zwischenbilanz in Kuba nach der Abschaffung der Doppelwährung

Preisanstiege bisher eher moderat. Großer Andrang bei Dollar-Supermärkten. Anreize für Aufnahme einer offiziellen Beschäftigung wirken

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Manche staatliche Unternehmen werden durch die Währungsreform in finanzielle Engpässe geraten
Manche staatliche Unternehmen werden durch die Währungsreform in finanzielle Engpässe geraten

Havanna. Gut zwei Wochen sind seit dem "Tag Null" auf Kuba vergangenen, mit dem die umfangreichste Wirtschaftsreform auf der Insel seit 1959 begonnen hat. Mit der Abschaffung des 1994 eingeführten Zahlungsmittels Peso convertible (CUC) verbleibt der Kubanische Peso als einzige Währung, die sich jetzt über die gesamte Volkswirtschaft hinweg im Kurs von 24:1 zum US-Dollar austauscht.

Die im Vorfeld von vielen befürchtete Inflation hält sich bisher in Grenzen. Auf den Bauernmärkten ist das Angebot stark ausgedünnt, der Preisanstieg fiel bisher jedoch eher moderat aus. Für Kritik sorgte indes, dass lediglich 60 Prozent der ehemaligen CUC-Geschäfte diesen noch bis Juli als Zahlungsmittel akzeptieren werden. Hier wurde rasch nachjustiert: So kündigte die Granma, die Zeitung der Kommunistischen Partei Kubas, an, dass 500 weitere Läden für die "CUC-Abschöpfung" hinzukommen sollen.

Einige Bereiche verzeichnen eine stärkere Teuerung. An den ersten Tagen des neuen Jahres, die auf ein Wochenende fielen, machten sich die neuen Preise für Kubas Familien bemerkbar: Sieben (statt bisher einem) Peso für die Kugel an den staatlichen Coppelia-Eisdielen erzeugte verbreiteten Unmut, der sich vor allem in den sozialen Medien entlud, und führte ähnlich wie bei der Debatte um die Strompreise zu einer Kurskorrektur der Regierung. Diese reagierte mit einer Preissenkung von gut einem Drittel. Präsident Díaz-Canel versprach, dass die Regierung auch weiterhin "offene Ohren und die Füße fest auf dem Boden haben" werde.

Großen Andrang verzeichnen die rund 80 Dollar-Supermärkte, welche hochwertigere Importlebensmittel und Hygieneprodukte verkaufen und ausschließlich Kartenzahlungen mit Fremdwährungen wie US-Dollar und Euro entgegennehmen. Hier muss teilweise mit mehrstündigen Schlangen vor dem Einlass gerechnet werden, während in vielen ehemaligen CUC-Läden derzeit ein Überangebot an Flaschenwasser herrscht, das durch die fehlenden Touristen zustandekommen dürfte.

Die Kunden reagieren auf die neuen Preise. Statt wie gewohnt immer die gesamte Ration abzuholen, wird jetzt an so mancher Schlange vor den staatlichen "Bodega"-Geschäften überlegt, was wirklich benötigt wird. Gleichzeitig steigen mit der Einführung von kostendeckenden Preisen des Rationierungsheftchens "Libreta" auch die Erwartungen an die Qualität. So blieben laut Berichten der Abendnachrichten Tausende Brötchen unverkauft, weil das Preis-Leistungsverhältnis nicht mehr den Vorstellungen der Käufer entspricht.

Eine Sonderkommission stellte fest, dass die Backware statt den festgelegten 80 in manchen Fällen nur 60 Gramm wiegt, zudem wurden die hygienischen Verhältnisse in den Bäckereien kritisiert.

Der Wirtschaftsjournalist Ariel Terrero nennt dies eine "exzellente Neuigkeit", denn die Rückkopplung zwischen Konsumtion und Produktion werde dadurch auch im Kerngebiet der Grundversorgung enger. Staatliche Bäckereien könnten in Kooperativen überführt werden, was ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhe und für die Kunden ein besseres Angebot bedeute, so Terrero.

Auch auf dem Arbeitsmarkt macht sich die Neuordnung bemerkbar: Wie der Vizepräsident des Ministerrats sowie Mitglied des Staatsrats, Marino Murillo, informierte, haben sich in den letzten Wochen mehr als 29.000 Personen bei den Arbeitsämtern gemeldet, rund die Hälfte konnte vermittelt werden.

Ein Ziel der Reformen ist es, die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit zu erhöhen und den Lohn wieder zur Haupteinkommensquelle zu machen. Bisher gehen auf Kuba nur rund 64 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter einer offiziellen Beschäftigung nach. Um die Vermittlung von Stellen zu beschleunigen, wird das Arbeitsministerium am 28. Januar eine neue App an den Start bringen, welche sowohl für den Staats- als auch den Privatsektor als digitale Jobbörse funktionieren soll.

Mittelfristig dürfte der Anstieg der Beschäftigungsquote jedoch nur durch die angestrebte Erweiterung des Privatsektors zu bewältigen sein, da viele Staatsunternehmen mit dem neuen Wechselkurs zunächst in finanzielle Schieflage geraten könnten. Die bisherige Liste von erlaubten Berufen im Privatsektor soll durch eine Negativliste abgelöst werden, zudem sollen sich kleine und mittlere Unternehmen auch im nichtstaatlichen Bereich gründen dürfen.

Zwei Arbeitswochen nach Beginn der Währungsreform deuten sich bereits viele Prozesse an, die im Vorfeld genau so erwartet wurden: Die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit steigen, gleichzeitig müssen Staatsunternehmen kompetitiver agieren, um in dem neuen Umfeld bestehen zu können. Die Kosten für Ineffizienz werden nicht mehr vom Staatshaushalt übernommen, zugleich können diese auch nicht an die begrenzte Kaufkraft der Verbraucher weitergegeben werden. Chancen tun sich über die Verzahnung mit dem Privatsektor auf, der im neuen Modell eine größere Rolle einnehmen soll.

Dass sich die Inflation trotz der äußerst schlechten Rahmenbedingungen (Pandemie, 11-prozentige Rezession im Jahr 2020 und neue Sanktionen) bisher in Grenzen hält, darf als gutes Zeichen gewertet werden. Eine Verbesserung der Versorgungslage wird neben der Lockerung der US-Blockade jedoch nicht zuletzt von der erfolgreichen Umsetzung der im vergangenen November angekündigten Landwirtschaftsreform abhängen.