Costa Rica: Präsident Alvarado kündigt baldige Verhandlungen mit IWF an

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Protest gegen Deal mit dem IWF in Costa Rica: "Es fehlt nicht an Mitteln, sondern gibt es Diebe zuhauf. IWF raus"
Protest gegen Deal mit dem IWF in Costa Rica: "Es fehlt nicht an Mitteln, sondern gibt es Diebe zuhauf. IWF raus"

San José. Der Präsident von Costa Rica, Carlos Alvarado, hat den Beginn von Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) angekündigt. Hierbei soll es um die Aufnahme eines Kredits gehen, von dem sich die Regierung erhofft, die Staatsfinanzen und die Wirtschaft zu stabilisieren. Das Land befindet sich in der schwersten Haushalts- und Wirtschaftskrise seit 40 Jahren. Gewerkschaften und soziale Organisationen äußern harsche Kritik am Regierungsvorhaben. Die Ministerin für Frauenangelegenheiten, Patricia Mora, ist aus Protest zurückgetreten.

"Die Antwort, die ich geben muss, ist: Ja, wir werden den Weg des IWF als Teil der Lösung zur Stabilisierung der Finanzen des Landes suchen und gehen", sagte der Alvarado zur Aufnahme der Verhandlungen. Erste Pläne hierfür hatte Alvarado bereits im September verkündet. Daraufhin brachen Massenproteste im ganzen Land aus. Die Regierung zog als Reaktion ihre Pläne zurück und berief einen "runden Tisch des nationalen Dialogs" ein.

Vom 23. Oktober bis zum 21. November verhandelte das Gremium, in dem Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Kirchen, die Zivilgesellschaft und die Regierung vertreten waren, über Lösungen für die schwere Haushalts- und Wirtschaftskrise. Die feministische Organisation "Mujeres en Acción" kritisierte jedoch in einer Pressemitteilung, dass die Regierung Diskussionen über mögliche Verhandlungen mit dem IWF verhindert habe.

Unterdessen ist Patricia Mora von ihrem Amt als Ministerin für Frauenangelegenheiten zurückgetreten. Ihr sei vorenthalten worden, dass Alvarado und das Wirtschaftsministerium die Verhandlungen mit dem IWF bald aufnehmen wollten. Es bestehe eine "ungehörige und beschämende Einmischung von Unternehmensgruppen in die Exekutivgewalt" und "eine Praxis der Herabsetzung des Wertes der repräsentativen Demokratie", kommentiere Mora.

Sie war die einzige Ministerin des Linksbündnisses Breite Front (Frente Amplio) in der "Regierung der nationalen Einheit", die Alvarado nach der Präsidentschaftswahl 2018 gebildet hat. Mora hat in den vergangenen Jahren maßgeblich dazu beigetragen, progressive Politiken voranzutreiben, wie die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Ehe oder die Reform des Abtreibungsrechts.

Auch Gewerkschaften kritisieren die Wiederaufnahme der Pläne, mit dem IWF über die Aufnahme eines Kredits zu verhandeln, scharf. Die Gewerkschaft der Landarbeiter:innen Fentrap spricht in einem offenen Brief davon, dass der IWF vielen Völkern Elend und Leid gebracht habe, und bezeichnet ihn als "verlängerten Arm des US-Finanzkapitals". Die costa-ricanische Gesellschaft werde immer ungerechter und ungleicher, wobei der Neoliberalismus "die Wurzel dieses Übels" sei. Hierbei verweist Fentrap eindringlich auf das Freihandelsabkommen mit den USA, das verheerende Auswirkungen auf die Agrarproduktion Costa Ricas gehabt habe.

Wann die Verhandlungen mit dem IWF beginnen sollen, ist bislang noch nicht bekannt, ebenso wenig die mögliche Kredithöhe und die Angebote der Regierung. Im September sprach Alvarado noch von einem Kredit in Höhe von 1,75 Milliarden US-Dollar. Im Gegenzug wollte er dem IWF unter anderem Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen im öffentlichen Sektor anbieten.

Seit Jahren kämpft Costa Rica mit einem stagnierenden Wirtschaftswachstum und einem steigenden Haushaltsdefizit. Die angespannte Wirtschaftslage wird durch die Corona-Krise weiter verschlechtert. Staatliche Stellen gehen für 2020 davon aus, dass das Haushaltsdefizit auf 9,2 Prozent und die Staatsverschuldung auf 70 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen werden. Außerdem wird damit gerechnet, dass die Wirtschaft 2020 um insgesamt 4,5 Prozent schrumpft.