Costa Rica: Anhaltende Massenproteste gegen Verhandlungen mit IWF

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Das Parlament hat die ersten Kürzungen im öffentlichen Budget beschlossen
Das Parlament hat die ersten Kürzungen im öffentlichen Budget beschlossen

San José. Seit dem 30. September erschüttern Massenproteste Costa Rica. Sie richten sich gegen Ankündigungen der Regierung, mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Aufnahme eines Kredits in Höhe von 1,75 Milliarden US-Dollar zu verhandeln. Die Regierung des sozialdemokratischen Präsidenten, Carlos Alvarado, verspricht sich durch die Aufnahme eines IWF-Kredits die Wirtschaft zu stimulieren. Costa Rica befindet sich aufgrund der Corona-Rezession in der schlimmsten Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise seit 40 Jahren.

Während die Proteste gegen die Verhandlungen mit dem IWF weitergehen, hat das Parlament die ersten Kürzungen im öffentlichen Budget beschlossen. Das Parlament stimmte dafür, die jährlichen Bonuszahlungen für den öffentlichen Dienst bis 2023 auszusetzen. Die Regierung erhofft sich davon Einsparungen in Höhe von knapp 0,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Mit 39 Stimmen dafür bei elf Gegenstimmen wurden die Kürzungen beschlossen. Der linke Parlamentsabgeordnete José María Villalta kritisierte das Gesetz als ungerecht und warf dem Parlament vor, angesichts der angespannten Stimmung im Land "weiter Öl ins Feuer zu gießen".

Zugleich hat die Regierung angekündigt, das Budget des Ministeriums für Kultur und Jugend um 15 Prozent zu kürzen. Gewerkschaften und Angestellte im Kulturbereich haben die Kürzungen in einem offenen Brief kritisiert. "Die Kultur muss eine Verbündete im wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes sein", heißt es in dem Brief. Die Kulturindustrie erzeuge 2,2 Prozent des BIPs und damit mehr als die traditionellen Exportprodukte Kaffee und Bananen.

Am 23. Oktober beginnt der von Präsident Alvarado einberufene Nationale Dialog. Als Reaktion auf die Massenproteste hatte er am 4. Oktober angekündigt, sein erstes Angebot an den IWF zurückzunehmen. Gleichzeitig rief er zu einem nationalen Dialog aller wichtigen Sektoren im Land auf. Die Beteiligung einiger wichtiger Unternehmensverbände und Gewerkschaften blieb bis zuletzt offen. Die Bewegung Nationale Rettung (Movimiento Rescate Nacional, MRN), die die Massenproteste im Land initiierte, hat angekündigt, sich vorerst nicht an dem Dialog zu beteiligen. Für den 25. Oktober hat sie eine Versammlung angekündigt, auf der sie ihre weitere Strategie besprechen möchte. Einer der Anführer der Bewegung, Célimo Guido, hat in Aussicht gestellt, dass es künftig zumindest zu keinen weiteren Straßenblockaden kommen wird.

An den Protesten im Land, bei denen es zu teils gewaltsamen Übergriffen durch die Polizei gekommen ist, haben sich seit dem 30. September tausende Menschen beteiligt. Die Proteste richten sich vor allem gegen angekündigte Steuererhöhungen. So demonstrieren die Anhänger der MRN unter dem Slogan "Keine weiteren Steuern!".

Teile der Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und politischen Linken stehen der Bewegung mit Skepsis gegenüber, haben sich jedoch aufgrund ihrer grundsätzlichen Ablehnung der Verhandlungen mit dem IWF den Protesten angeschlossen. Sie kritisieren den neoliberalen Charakter der durch die Regierung angekündigten Reformen, die nicht nur Steuererhöhungen für Wohlhabende und Unternehmen, sondern auch für Einkommensschwache sowie Kürzungen im öffentlichen Sektor vorsehen.