Alarm wegen mehrerer riesiger Feuer in Südamerika

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Über 2.700 Brandherde hat es im brasilianischen Pantanal in den ersten zwei Oktoberwochen gegeben
Über 2.700 Brandherde hat es im brasilianischen Pantanal in den ersten zwei Oktoberwochen gegeben

Brasília. Ein Großteil des brasilianischen Pantanal brennt. Es handelt sich um das größte Feuchtgebiet der Erde, das sich bis Bolivien und Paraguay erstreckt und eine immense Artenvielfalt beherbergt. In den ersten zwei Oktoberwochen gab es dort über 2.700 Brandherde.

Die Katastrophe beschränkt sich jedoch nicht nur auf Pantanal. In weiten Teilen Südamerikas zerstören derzeit großflächige Brände Ökosysteme. Papst Franziskus hatte sich vor einer Woche äußerst besorgt über die "menschengemachten, vom Klimawandel verschärften Brände" geäußert.

Aber auch Argentinien, Bolivien, Venezuela und Kolumbien sind von Feuersbrünsten betroffen. Das Delta des Paraná-Flusses und weitere 13 Provinzen Argentiniens erleiden großflächige Wald- und Weidebrände. Rosario, die Provinzhauptstadt von Santa Fé, ist seit Wochen von Rauch verhüllt. In Córdoba wurden über 2.000 Quadratkilometer Wald vernichtet, die zehnfache Fläche von Buenos Aires. In vielen Städten bildet die Zivilgesellschaft selbstorganisierte Gruppen zur Feuerbekämpfung.

In Venezuela gab es 13.000 Brände und in Kolumbien wüten doppelt so viele Feuer wie in "normalen" Jahren. Dort ist die Waldzerstörung seit des Friedensschlusses und der Entwaffnung der Farc-Guerilla sprunghaft angestiegen, weil Bergleute, Drogenhändler, Landspekulanten und Siedler sich bisher unzugängliche Gebiete erschließen können.

In Bolivien sind bereits knapp 1,4 Millionen Hektar durch Waldbrände verloren gegangen. Hinzu kommen viele Flächen in unzugänglichen Naturschutzgebieten. In den Departamentos Santa Cruz, wo mindestens 830.000 Hektar durch Waldbrände zerstört wurden, und Chuquisaca haben die Gouverneure den Katastrophenzustand ausgerufen.

Die Feuer bedrohen auch die bolivianischen indigenen Schutzgebiete Charagua, Iñao und Aguarague. Die traditionellen Gemeinschaften sind laut der Nationalen Koordination für die Verteidigung indigener und bäuerlicher Ursprungsgebiete und Schutzgebiete (Contiocap) verzweifelt. Bedroht durch Brandstiftung, aber auch durch Landraub und Abholzung, sind zudem unkontaktierte indigene Völker Brasiliens. Dies prangern die Koordinationsstelle indigener Organisationen im brasilianischen Amazonas-Gebiet (Coiab) und die Menschenrechtsorganisation Survival International an.

Dazu gehören die Ãwa, deren Heimat der Papayawald auf Bananal Island ist, die größte Flussinsel der Welt. Achtzig Prozent ihres Waldes brannten letztes Jahr ab. Dieses Jahr steht der verbliebene intakte Wald in Flammen. Über 100.000 Rinder weiden auf der Insel. Survival berichtet auch von bedrohten unkontaktierten Indigenen in den Bundesstaaten Rondônia und Maranhão sowie im Gebiet Ituna Itatã ("Feuergeruch") im Bundesstaat Pará. Dieses Territorium wurde bereits 2019 durch Viehzüchter und andere Landräuber von allen indigenen Gebieten am stärksten entwaldet.

Die Vereinigung der indigenen Völker Brasiliens (Apib) appelliert an Menschen und Firmen weltweit, Produkte zu boykottieren, die auf der Zerstörung indigener Gebiete beruhen. Survival International fordert Supermärkte in Europa und den USA dazu auf, keine Agrarprodukte mehr aus Brasilien zu kaufen, bis die Rechte indigener Völker durchgesetzt werden.

Zum Teil sind die Feuer auf das Wetterphänomen "La Niña" zurückzuführen, das diesen Sommer eine historische Dürre verursacht hat. Viele der Brände werden aber vorsätzlich gelegt, um neue Ackerflächen für Rinderfarmen und Sojaanbau zu gewinnen und die globale Nachfrage nach Rohstoffen wie Soja, Futtermitteln, Fleisch, Holz und Mineralien zu decken. Die EU, USA und China importieren jährlich Millionen Tonnen Agrarprodukte aus Südamerika.

In diesem Sinne warnen zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen vor dem geplanten EU-Mercosur-Freihandelsabkommen. Dieses würde die Zerstörung der südamerikanischen Ökosysteme beschleunigen, so die Kritik. Brasilien sei dafür ein klares Beispiel. Die expansive Agrarpolitik des Präsidenten Jair Bolsonaro sei für das Vordringen der Agrarindustrie in vielfältige Ökosysteme mitverantwortlich.