Bolivien / Politik

Vor Wahl am Sonntag in Bolivien: MAS beendet Kampagne selbstbewusst

MAS strebt Sieg im ersten Wahlgang an. Experte sieht im Gespräch mit amerika21 möglichen zweiten Wahlgang und dann einen Sieg von Carlos Mesa

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Das Kandidatenduo der laut Umfragen favorisierten MAS beim Schlussakt ihres Wahlkampfs
Das Kandidatenduo der laut Umfragen favorisierten MAS beim Schlussakt ihres Wahlkampfs

La Paz/Santa Cruz/Cochabamba. Der Spitzenkandidat der Bewegung zum Sozialismus (Movimiento al Socialismo, MAS), Luis Arce, hat sich auf dem Abschluss seiner Kampagne auf einer Massenveranstaltung in Sacaba im Department Cochabamba zuversichtlich für die Wahl am Sonntag gezeigt. Er und sein Vize-Kandidat, David Choquehuanca, würden im ersten Wahlgang mit über 50 Prozent gewinnen, zeigte sich der Kandidat der MAS selbstbewusst. Er appellierte an die "historische Verantwortung, insbesondere unserer jungen Menschen, den Weg zum Fortschritt zurückzuerobern", sagte er vor einem Fahnenmeer in den Farben der Partei. Er versicherte, dass sein Einzug in den Präsidentenpalast das Projekt von Ex-Präsident Evo Morales zu Ende bringen und die Rohstoffausbeutung vor dem Zugriff transnationaler Konzerne schützen werde.

Der Ort zum Abschluss seiner Kampagne war nicht zufällig gewählt. In Sacaba wurde nach dem Sturz der Regierung von Evo Morales im November vergangenen Jahres ein Massaker von der Polizei verübt, bei dem zwölf Menschen ums Leben kamen und mehrere hundert verletzt wurden.

Der Politologe Gonzalo Rojas vom Postgraduierten-Institut der öffentlichen Universität UMSA in La Paz teilt den Optimismus der MAS im Interview mit amerika21 allerdings nicht. Die MAS habe aufgrund der permanenten Verletzungen demokratischer Standards den Rückhalt in der Bevölkerung verloren. "Es wird am 29. November einen zweiten Wahlgang geben, den Mesa für sich entscheidet. Denn die Opposition zur MAS teilt sich in mehrere Lager auf, wird jedoch im entsprechenden Szenario geschlossen gegen die MAS stimmen. Die MAS wird dann über ihre Stammwähler hinaus keine weiteren Wählerschichten mobilisieren können", so die Einschätzung von Rojas.

Laut Rojas werde die MAS zudem ihre Mehrheit im Parlament verlieren, aber weiterhin stark vertreten sein und vom Vetorecht Gebrauch machen. Mesa werde auf Koalitionen mit anderen gegen die MAS eingestellten politischen Kräften angewiesen sein, um Mehrheiten zu sichern. Rojas zeigt sich zuversichtlich: "Die bolivianische Geschichte zeigt uns, dass die Vielfalt an politischen Strömungen trotzdem Regierbarkeit erlaubt."

Der in den Umfragen auf dem zweiten Platz liegende Ex-Präsident Carlos Mesa von der Allianz Bürgergemeinschaft (Comunidad Ciudadana, CC) bekräftigte bei seiner Abschlusskundgebung in Santa Cruz einmal mehr seine Ablehnung gegenüber Morales. "Wir sagen Nein zu Evo Morales, damit der Autokrat sich im Klaren darüber ist: Wenn er nach Bolivien zurückkehrt, dann nur, um Rede und Antwort zu stehen."

Der Historiker Mesa stamme aus einer Intellektuellenfamilie und genieße als Journalist und Filmemacher in Bolivien ein hohes Ansehen, so die Einschätzung von Rojas. Er sei eher dem liberalen und sozialdemokratischen Flügel zuzuordnen. "Er lehnt das Rohstoffexportmodell der MAS aus Umweltbedenken ab und plant die Aufnahme von internationalen Krediten zur Ankurbelung der Schlüsselsektoren aus der Wirtschaft", legte Rojas gegenüber amerika21 dar.

Auf Nachfrage erklärte Rojas, dass lediglich die MAS und die CC in allen Regionen des Landes Repräsentanten ins Rennen schicken. "Der in den Umfragen drittplatzierte Kandidat von der Allianz Wir Glauben (Alianza Creemos), Luis Fernando Camacho, ist ein populärer politischer Outsider aus der Agraroligarchie von Santa Cruz. Er hat kein nationales Projekt und lebt vor allem vom Rückhalt in den vier Departments im Tiefland, für die er das Agrarexportmodell der Monokulturen und Viehwirtschaft verteidigt." Auf seiner Abschlusskundgebung am Donnerstag skandierte Camacho vor der Christus-Statue in Santa Cruz: "Die MAS-Regierung kann sich sicher sein, dass Gott Bolivien regieren wird."

Einen Wahlbetrug schließt der Politikwissenschaftler aus. Marianela Paco, Sprecherin der MAS, ist hingegen der Meinung, dass das Abkommen zwischen dem Obersten Wahlgericht mit Militär und Polizei genügend Indizien für eine Wahlfälschung liefere.