Wahlen in Bolivien am 18.Oktober, Misstrauen in Putschregierung

Bestimmt werden erste Staatsführung und Parlament nach Umsturz 2019. Gewerkschaften "in Alarmbereitschaft", Ex-Präsident ruft zur Einheit auf

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Juan Carlos Huarachi, Vorsitzender des Gewerkschaftsverbandes COB in Bolivien
Juan Carlos Huarachi, Vorsitzender des Gewerkschaftsverbandes COB in Bolivien

La Paz. In Bolivien hat der einflussreiche Gewerkschaftsdachverband COB (Central Obrera Boliviana) nach der Festlegung eines neuen Termins für die ersten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen nach einem Putsch im November vergangenen Jahres die Aufhebung von Straßenblockaden beschlossen. Die Gewerkschafter blieben aber bis zu den anberaumten Wahlen am 18. Oktober "in ständiger Alarmbereitschaft", hieß es aus der COB-Zentrale. Kurz zuvor hatte De-facto-Präsidentin Jeanine Áñez das Gesetz 1315 unterzeichnet und den Wahltermin damit bestätigt.

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen waren auf den 18. Oktober angesetzt worden, nachdem sie wegen der Corona-Pandemie bereits vom 3. Mai auf den 6. September verschoben worden waren. Einzelne Vertreter der Wahlbehörde TSE (Tribunal Supremo Electoral) hatten zuletzt auch den 18. Oktober in Frage gestellt, was die Proteste im Land befeuert hat.

Der Exekutivsekretär des Gewerkschaftsverbandes, Juan Carlos Huarachi, bezweifelte nun allerdings, dass es mit Neuwahlen automatisch zu einer friedlichen Rückkehr zur Demokratie kommen wird. Man befinde sich von nun an bis zum 18. Oktober lediglich in einer neuen Phase des Konfliktes, sagte er und weiter: "Der Kampf ist nicht zu Ende, wir sind uns sicherer denn je, dass sie (die De-facto-Regierung) sich einer Übergabe der Macht verweigern werden." Im Übrigen sei es nicht die Führung von Jeanine Añez gewesen, die das Land befriedet hat, sondern die Gewerkschaftsorganisation. Man habe sich zum Abbruch der Straßenblockaden entschlossen, da die Gefahr bestanden habe, dass die bewaffneten Stoßtrupps die Demonstranten angreifen. "Wir weisen unsere Mitglieder an, friedlich zu bleiben, wir sind die wahren Friedensstifter, nicht sie", so Huarachi.

In einzelnen Orten wie der Stadt El Alto nahe dem Regierungssitz La Paz sprachen sich oppositionelle Gruppen indes dafür aus, die Proteste gegen die De-facto-Regierung fortzuführen. Die Landarbeitergewerkschaft "Tupac Katari" etwa will die Straßenblockaden bis zum Rücktritt von Añez fortzusetzen. "Wir bleiben bei unserer Position: Wir werden kämpfen, wir werden nicht aufgeben, wir werden kämpfen bis zu den letzten Konsequenzen", so einer der Anführer der Gruppierung.

Der im November vergangenen Jahres gestürzte Präsident Evo Morales betonte indes, die Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes am Donnerstag habe ein Massaker verhindert. Morales rief die bolivianische Bevölkerung zur Geschlossenheit auf. Nachdem das Parlament das Gesetz verabschiedet hat, gebe es nun ein Datum, das nicht verschoben werden könne. Morales verwies auch auf die Spannungen, die durch die Verschiebung des früheren Termins vom 6. September provoziert worden waren.

Die Wahlbehörde TSE und die Áñez-Führung hatten die Absage der Wahlen im September mit der Corona-Pandemie begründet. Kritiker werfen der De-facto-Regierung aber vor, die Situation zu nutzen, um ohne Neuwahlen an der Macht zu bleiben.