Bolivien / Politik

Bolivien: Verschärfte Auseinandersetzungen um Wiederwahl von Morales

Zwei Tote und 139 Verletzte bei Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und -anhängern. Wahlergebnis wird von OAS überprüft

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Präsident Morales hat seine Gegner aufgefordert, die Überprüfung des Wahlergebnisses durch die OAS abzuwarten
Präsident Morales hat seine Gegner aufgefordert, die Überprüfung des Wahlergebnisses durch die OAS abzuwarten

La Paz. Die politische Krise in Bolivien um die Wiederwahl von Präsident Evo Morales spitzt sich weiter zu. In Montero, einer Stadt etwa 60 Kilometer nördlich von Santa Cruz, sind bei einer Auseinandersetzung zwischen Gegnern und Unterstützern von Morales am Mittwoch zwei oppositionelle Demonstranten getötet worden. Mindestens sechs weitere Menschen sind bei den Straßenblockaden verletzt worden. Nach Angaben der Ombudsstelle steigt die Zahl damit nun auf 139 Verletzte in ganz Bolivien. Auch in zahlreichen anderen Städten des Landes gab es in den vergangen Tagen Streiks, Straßenblockaden und Proteste gegen Morales. Zugleich fanden landesweit Großdemonstrationen von Aktivisten und Anhängern der regierenden Bewegung zum Sozialismus (MAS) zur Unterstützung des Präsidenten statt.

Ausgangspunkt des Konfliktes sind die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen am 20. Oktober. Dabei erreichte Morales 47,08 Prozent der Stimmen. Sein Kontrahent Carlos Mesa vom Bündnis "Bürgergemeinschaft" (Comunidad Ciudadana, CC) erreichte 36,51 Prozent. Nach bolivianischem Wahlrecht sind 50 oder mindestens 40 Prozent der Stimmen mit einem Abstand von zehn Prozentpunkten nötig, um in der ersten Runde direkt gewählt zu werden. Morales, der seit 2006 im Amt ist, wird damit 2020 zum vierten Mal in den Präsidentenpalast einziehen.

Mesa hatte bereits am Tag nach der Wahl erklärt, dass er die Wahlergebnisse nicht anerkennt. Grund dafür war eine Veränderung des Ergebnistrends bei der Bekanntgabe der vorläufigen Abstimmungsresultate durch die oberste Wahlbehörde. Nach 84 Prozent der ausgezählten Stimmen deutete zunächst noch alles auf eine Stichwahl hin. Die Kontroverse brach aus, als die Zählung für einen Tag unterbrochen wurde, da Ergebnisse aus entlegenen Landesteilen noch nicht vorlagen. Erst nach 23 Stunden gab die Wahlbehörde das offizielle Ergebnis bekannt und erklärte Morales zum Wahlsieger in der ersten Runde. Mesa sprach von einem "gigantischen Betrug" und rief seine Verbündeten zur Mobilisierung auf der Straße auf.

Die Regierung veranlasste daraufhin eine umfassende Prüfung der Wahlergebnisse durch Experten der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Die OAS war mit Wahlbeobachtern vor Ort gewesen und hatte ebenfalls "Bedenken" wegen der Verzögerungen bei der Stimmenauszählung geäußert.

Seit Donnerstag läuft nun das Prüfungsverfahren, das ein Team von 30 internationalen Wahlbeobachtern und Experten durchführt. Die Ergebnisse sollen der Regierung in rund zwei Wochen vorgelegt werden.

Morales bat die Demonstranten unterdessen, die Neuauszählung abzuwarten und ihre Aktionen einzustellen: "Heute beginnt die Überprüfung in Bolivien, und meine Bitte ist es, das Land zu befrieden, zu klären, ob es einen Wahlbetrug gab oder nicht. Und ich bitte diejenigen, die sich auf der Straße mobilisieren, ihre Aktivitäten ruhen zu lassen, bis die OAS ihren entsprechenden Bericht liefert", sagte er am Donnerstag. Zugleich forderte er seine Gegner auf, den OAS-Experten Beweise für ihren Vorwurf des Wahlbetrugs vorzulegen.

Während Mesa zuvor gegenüber OAS-Vertretern einer Neuauszählung ausrücklich zugestimmt hatte, sagt er bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, dass er das Verfahren nicht anerkennt, da die Bedingungen dafür "einseitig festgelegt" worden seien. Zugleich rief er zu weiteren Straßenprotesten auf. Oppositionelle Demonstranten fordern jetzt Neuwahlen, den Rücktritt von Morales und seinen Ausschluss von Neuwahlen. Die Auseinandersetzungen könnten also weiter eskalieren.