Bogotá et al. Bei der Reise von US-Außenminister Mike Pompeo in vier südamerikanische Länder ist vor allem Venezuela Thema der Beratungen gewesen. Zwar spielten auch die Drogenbekämpfung und die wirtschaftliche Kooperation eine Rolle, jedoch ließ Pompeo mit seinen Gesprächspartnern keinen Zweifel daran, dass die bereisten Nachbarländer Kolumbien, Guyana, Brasilien und Suriname in der Erwartung der US-Regierung eine wichtige Rolle spielen, um doch noch den Sturz von Präsident Nicolás Maduro zu erreichen.
Kolumbien sieht die US-Regierung dabei offensichtlich in einer Führungsrolle. Die bedingungslose Unterstützung für den Oppositionspolitiker Juan Guaidó in seiner Rolle als selbsternannter Interimspräsident und "der Wille für einen Übergang zur Demokratie ohne den bösartigen Einfluss von Kuba, Russland oder Iran" würde in den USA "höchst wertgeschätzt" und mache Kolumbien zum "wahren Anführer in der Region", so der Minister.
Auch über die nur äußerst schleppend voranschreitende Umsetzung des Friedensvertrages und die anhaltende Gewalt soll Pompeo mit Duque gesprochen haben. Verantwortlich dafür sehen beide indes vor allem die Guerilla ELN und die Dissidenten der ehemaligen Farc-EP. Unterstützt würden beide vom "Maduro-Regime". Dass paramilitärische Gruppen im Vormarsch sind und die UNO vergangene Woche auch die Regierung Duque wegen der Toten und Verletzten bei Protesten in Bogotá durch Polizeieinheiten zur Aufklärung aufforderte, schien keine Rolle zu spielen.
Beide Länder hatten im August den sogenannten Plan "Colombia crece" (Kolumbien wächst) unterzeichnet, um Aspekte der "ländlichen Entwicklung, Ausweitung der Infrastruktur, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit" gemeinsam zu behandeln. Zudem genehmigte Präsident Duque kürzlich die Wiederaufnahme des Einsatzes der US-Spezialeinheit Security Force Assistance Brigade in Kolumbien.
In Kolumbien wie auch bei den Gesprächen am Vortag in Guyana stand zudem der Anti-Drogenkampf auf der Agenda. Auch hier wurde ein kausaler Bezug zu Venezuela und Maduro hergestellt: Man "wisse", dass dieser "ein beschuldigter Drogenhändler" sei. Dies bedeute, "er muss gehen". Belege für diese Aussage blieb Pompeo allerdings einmal mehr schuldig.
Maduro seinerseits erklärte zur Reise von Pompeo, dieser "belästige die Region". Er habe zum "Krieg gegen Venezuela" aufgerufen, sei damit aber gescheitert.
Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel äußerte über den Kurznachrichtendienst Twitter, es handle sich um "eine Tour mit dem Ziel, Lügen und Lügner, Unwahrheiten, Verleumdungen und Lakaien des Imperiums zu vereinen, die sich aneinander klammern, um Chaos, Instabilität und sogar das Klima für eine ausländische Militärintervention gegen Venezuela zu schaffen."
Bereits bei seinem Stopp in Brasilien hatte Pompeo am Freitag eine weitere Aufstockung der finanziellen Unterstützung um 348 Millionen US-Dollar für venezolanische Migranten zugesagt. Für diesen Zweck seien seit 2017 von den USA nun schon rund 1,2 Milliarden US-Dollar bereitgestellt worden. In der Stadt Boa Vista an der Grenze zu Venezuela hatte der US-Außenminister sich mit Venezolanern und seinem brasilianischen Amtskollegen, Ernesto Araujo, getroffen.
In Guyana unterzeichnete Pompeo ein Übereinkommen, wonach bereits ab dem gestrigen Montag gemeinsame militärische Aufklärungs- und Kontrollfahrten mit Schiffen, bei Zustimmung der Regierung von Guayana auch in deren Hoheitsgebiet, abgehalten werden sollen.
Das US-Unternehmen Exxon Mobil hatte sich bereits vertraglich Explorationsrechte für kürzlich erfolgte riesige Erdöl- und Erdgasfunde gesichert, nun sollen die gemeinsamen Patrouillenfahrten Guyana "mehr Souveränität garantieren, um den eigenen Wirtschaftsraum besser zu verstehen und ein Mehr an Kontrolle darüber ausüben zu können", sagte Pompeo nach Gesprächen mit Guyanas neuem Präsidenten Mohamed Irfaan Ali.
Außerdem wurde eine Übereinkunft für ein Abkommen für verbesserte Investitionen des Privatsektors in Guyanas Infrastruktur, den Energiesektor und die Digitalisierung erzielt.
Auch in Suriname empfahl Pompeo bei Gesprächen mit dem dortigen neuen Staatschef, Chan Santokhi, eindringlich eine Kooperation mit US-Unternehmen. Keine staatliche Firma könne "die Qualität für Produkte und Dienstleistungen garantieren, wie US-amerikanische private Unternehmen".
Zugleich warnte er vor einer Ausweitung des Handels mit China, dem großen Konkurrenten der USA in der Region. Dieser erscheine am Anfang "genial", dann kämen "aber bald die politischen Kosten" ans Tageslicht.