Chile / Politik

Chile begeht 50 Jahre des Wahlsieges von Salvador Allende

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"Allende lebt" war das Motto der Demonstration am 4. September in Santiago
"Allende lebt" war das Motto der Demonstration am 4. September in Santiago

Santiago. Am vergangenen Freitag ist in Chile der 50. Jahrestag des Wahlsieges von Salvador Allende und seinem Wahlbündnis "Unidad Popular" begangen worden. Am 4. September 1970 begann damit der "chilenische Weg zum Sozialismus".

Hunderte machten sich auf den Weg zum "Platz der Würde“ (ehemals Plaza Italia) im Zentrum der Hauptstadt Santiago, der im Rahmen der Proteste seit Oktober von den Beteiligten umbenannt wurde. Mehrere linke Parteien hatten zu einer Demonstration unter dem Motto "Allende lebt" aufgerufen.

Polizei und Militär nahmen Dutzende Menschen fest, attackierten die Demonstrierenden mit Wasserwerfern und versuchten, den Protest mit Tränengas aufzulösen. Die Regierung wurde wegen der starken staatlichen Repression gegen die Proteste seit Oktober des letzten Jahres von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen und den Vereinten Nationen wiederholt scharf kritisiert.

An einer live übertragenen Onlineaktion mehrerer Alternativmedien anlässlich des Jahrestages beteiligten sich am 4. und 5. September unter dem Motto "Allende ‒ eine Vergangenheit voller Zukunft" zahlreiche chilenische und internationale Kunstschaffende.

Ebenfalls am 4. September veröffentlichte in Washington das Archiv für Nationale Sicherheit bisher nicht freigegebene Dokumente über die Reaktion von US-Regierungsfunktionären dieser Zeit auf den Wahlsieg Allendes. Laut Peter Kornbluh, dem Leiter der Chile-Abteilung beim Archiv, zeigen diese Dokumente, dass die Wahl Allendes nicht nur ein Wendepunkt in der Geschichte Chiles oder Lateinamerikas, sondern auch in der Geschichte der USA und der Welt gewesen sei. Noch ein halbes Jahrhundert später "hallt die imperiale Antwort der Nixon-Administration auf Allendes demokratische Wahl immer noch nach", so Kornbluh.

Das freigegebene Material offenbart die völlig falsche Einschätzung der Lage durch Funktionäre und Behörden der USA. Vor der Wahl ging der US-Botschafter in Santiago, Edward M. Korry, davon aus, dass die Kampagne der CIA gegen Allende seinen Sieg verhindern würde und der Sozialist sogar nur als Dritter von drei Kandidaten abschneiden könnte. Auf den Wahlsieg Allendes mit 36.63 Prozent reagierte der Botschafter in einem Bericht mit abwertenden Kommentaren gegen Chile: Er schrieb, man habe "mit einem Kadaver in unserer Mitte gelebt und der Name des Kadavers ist Chile".

Des Weiteren werfen die Dokumente ein neues Licht auf die strategischen Diskussionen im Weißen Haus. Während Präsident Richard Nixon und der damalige Nationale Sicherheitsberater Henry Kissinger Allende und seine Regierung schnellstmöglich stürzen und sogar seine Wahl im Kongress verhindern wollten, argumentierten Teile der Administration gegen eine Einmischung aus Angst davor, dass eine Niederlage zur "Schweinebuchtinvasion" dieser Regierung werden könnte. Gemeint ist der CIA-gestützte, gescheiterte militärische Angriff kubanischer Exilanten auf Kuba im Jahr 1961.

Staatssekretär William Rogers sagte in einem Telefonat mit Kissinger, man würde sehr schlecht dastehen, wenn die USA den verfassungsrechtlichen Prozess nach der ersten Wahl eines Kommunisten versuchen würden zu verhindern.

Das Archiv für Nationale Sicherheit kündigte an, in den nächsten Monaten weitere bislang nicht freigegebene Dokumente zur Intervention der USA in Chile zu veröffentlichen.