Für Handel oder gegen Hisbollah? Kolumbien und Israel starten Freihandel

Neuer Handelsvertrag soll helfen, Kolumbiens Wirtschaft zu diversifizieren. Fokus auf Rüstungsgüter und Bekämpfung "terroristischer Gruppen"

kolumbien_israel_freihandel_waffenexporte_kriegsgeschaeft_tel_aviv_bogota_2020.jpg

Duque und Netanyahu beglückwünschen sich zum Freihandelsabkommen
Duque und Netanyahu beglückwünschen sich zum Freihandelsabkommen

Bogotá/Tel Aviv. Die Regierung von Präsident Iván Duque in Kolumbien hat in dieser Woche als erster Staat in Lateinamerika ein Freihandelsabkommen mit Israel in Kraft gesetzt. Die konservativen Regierungen der beiden Länder betonten zu diesem Anlass die politischen Gemeinsamkeiten. Tatsächlich ist es wahrscheinlich, dass der zunehmende Einfluss Israels Auswirkungen über den bilateralen Handelsaustausch hinaus hat, vor allem im Verhältnis zu Venezuela.

Die beiden beteiligten Regierungen betonten zunächst die Entwicklung der Handelsbeziehungen. Produkte wie Kosmetika, Textilien, Autoteile, Schmuck, Reifen, Süßigkeiten, Fruchtzubereitungen und landwirtschaftliche Produkte könnten nun zollfrei nach Israel eingeführt werden, hieß es aus Bogotá. Wirtschaftsminister José Manuel Restrepo lobte Israel für seine "weltweit innovative Politik und Praxis".

Mit dem Abkommen will Kolumbien auch seine Energieexporte steigern, die nicht aus dem Bergbau stammen, und damit sein exportfähiges Angebot diversifizieren. Noch im Jahr 2019 exportierte Kolumbien nach Israel Kohle im Wert von 366 Millionen US-Dollar. Nur acht Prozent der Energieerzeugnisse stammten nicht aus dem Bergbau. Weitere Exportprodukte für Israel sind Kaffee, Blumen, Süßigkeiten und Papierprodukte.

Vor allem aber der Waffenhandel floriert seit Jahren zwischen Kolumbien und Israel. Auf der in Bogotá ausgerichteten Waffen- und Rüstungsmesse expodefensa hat Israel 2019 einen eigenen Länderpavillon gehabt. Zur Eröffnung war nicht nur der israelische Botschafter in Kolumbien anwesend, sondern seit 2015 reist der Verteidigungsminister extra dazu an, begleitet von Vertretern von bis zu 20 israelischen Rüstungsfirmen. Vor allem im Rahmen der Aufstandsbekämpfung sind in Kolumbien immer wieder israelische Waffen in der Kritik.

Während des virtuellen Treffens zur Feier des Freihandelsabkommens Anfang der Woche zwischen den Staatsoberhäuptern beider Länder bekräftigte Präsident Präsident Duque die Verpflichtung des Landes zum Austausch nachrichtendienstlicher und sicherheitsrelevanter Informationen im Umgang mit "terroristischen Gruppen". Kolumbien habe dazu Gruppierungen wie die islamisch-schiitische Partei und Miliz Hisbollah ins Visier genommen, "damit wir den Kampf gegen den internationalen Terrorismus gemeinsam bestreiten können." Israel-feindliche Gruppen seien auch in Lateinamerika aktiv. Aus den USA und Israel ist in den vergangenen Jahren wiederholt der Vorwurf gegen die linksgerichtete Regierung von Venezuela erhoben worden, sie unterhalte Kontakte zur Hisbollah.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Kolumbien und Israel blicken auf eine lange Geschichte zurück. Mitte der 1950er Jahre bereits richteten beide Länder Botschaften in Bogotá und Tel Aviv ein. Schon 1988 wurden erste Handelsabkommen unterzeichnet. Das nun in Kraft getretene Abkommen wurde bereits am 10. Juni 2013 vereinbart. Der ehemalige Präsident Juan Manuel Santos hatte allerdings für Irritation gesorgt, als er am 3. August 2018, seinem letzten Amtstag, Palästina offiziell als Staat anerkannte. Bereits seit 1996 entsendet Palästina Botschafter nach Kolumbien, zur Zeit ist der vierte Botschafter im Amt.