Nach Brandmord wegen "Hexerei": Neue Drohungen gegen Maya in Guatemala

guatemala_maya_drohung_evangelikale_sekten_gewalt_mord.png

"Wir prangern die Mord- und Hexereidrohungen gegen die Familie Caal Oxóm an! Das Wissen unserer Ahnen ist weder Hexerei noch ist es ein Verbrechen!"
"Wir prangern die Mord- und Hexereidrohungen gegen die Familie Caal Oxóm an! Das Wissen unserer Ahnen ist weder Hexerei noch ist es ein Verbrechen!"

Guatemala-Stadt. In Guatemala sind erneut Angehörige der Volksgruppe der Maya mit dem Tode bedroht worden. Der Zwischenfall reiht sich in eine Serie von Angriffen und Morden ein, die auch eine Folge des Vormarschs evangelikaler Kirchen sind. Seit der Zeit der Bürgerkriege der achtziger Jahre nutzen Politiker solche Sekten, um die indigenen Gemeinden zu spalten. Eine Folge ist eine mittelalterlich anmutende Hexenverfolgung, die oft tödlich ausgeht. Der Staat schaut untätig zu.

Am 12. Juni nun wurden Hermelindo Caal Oxóm, ein Mitarbeiter der Union der Bauernorganisationen von Verapaz (Unión Verapacense Organizaciones Campesinas, UVOC), Elías Caal Oxóm, Korrespondent der Zeitung Prensa Comunitaria, und ihr Vater, Jesús Caal, von Mitgliedern ihrer Gemeinde der "Hexerei" beschuldigt und mit dem Tod bedroht. Alle Beteiligten leben in der Gemeinde Gancho Caoba in der Region Alta Verapaz.

Vertreter von Maya-Organisationen reagierten schockiert auf den neuen Zwischenfall. Sie äußerten sich besorgt, dass das Eintreten für ihre Weltanschauung, die traditionelle Lebensweise sowie die natürlichen Ressourcen und des Territoriums mit der Idee der Teufelsanbetung in Verbindung gebracht wird. Mit diesem Vorwurf begegnen christliche Fundamentalisten der Spiritualität und dem Wissen der Maya. Von Mexiko über Belize, Guatemala, Honduras und El Salvador leben heute noch rund 6,1 Millionen Mitglieder dieser Volksgruppe.

UVOC beklagt, dass derzeit durch Hetze und rassistische Reden von konservativen Organisationen und Parteien die Gewalt gegen diejenigen Maya geschürt wird, die Kosmovision und althergebrachte Praktiken pflegen. Dies sei auch bei der Familie Caal Oxóm der Fall, die in der Gemeinschaft Gancho Caoba traditionelle Medizin praktiziert.

Die beiden Söhne der Familie, Hermelindo und Elías, sind Lehrer. Hermelindo Caal Oxóm war als Vertreter des Maya-Volkes Q´eqchi´ im regionalen Rat für die Entwicklung (CODEDE) von Alta Verapaz tätig. Seit er schwer erkrankt ist, behandelt ihn sein Vater Jesús Caal auf traditionelle Weise. Diese Behandlung wurde von einigen Mitgliedern der Gemeinde als "Hexerei" angesehen. Mitglieder des Rates für Gemeindeentwicklung und Privatpersonen nahmen einen Onkel des Erkrankten fest und zwangen ihn, die falschen Anschuldigungen gegen seine Verwandten zu akzeptieren. Tue er dies nicht, würde auch er der "Hexerei" bezichtigt, so OVOC. Die ganze Familie ist nun von Folter oder Tod durch Verbrennung bedroht.

Carlos Morales von UVOC bezeichnete die Drohungen als Ausdruck der "historischen Verachtung und Dämonisierung der Spiritualität und des Wissens des Maya-Volkes", unter der die Ureinwohner seit der Invasion der Spanier litten.

Seit der Zeit der Bürgerkriege und Genozide gegen die Maya-Völker in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als das Militär anfing, evangelikale Sekten zu gründen und in den verschiedenen Regionen gezielt aufzubauen, wächst die Anzahl solcher religiösen Gruppen sowie ihre Anhängerschaft stark an. Diese Sekten dienen auch der Diffamierung der Maya-Kulturen und ihrer Weltanschauung. Militär und Politiker nutzen nach wie vor die meist fanatische Beeinflussung, um die indigene Bevölkerung zu spalten.

Die jüngsten Ereignisse in dem Q´eqchi´-Dorf erinnern an die brutale Ermordung von Domingo Choc, dem spirituellen Führer und traditionellen Heiler des Dorfes Chimay im Departamento Petén, und von Alberto Cucul, einem Förster im Nationalpark Laguna La Chuá, sowie an die Schüsse auf Bernardo Laj in Purulhá, Departamento Baja Verapaz, der bei dem Angriff verletzt wurde.

Der Lynchmord in Chimay offenbarte auch die Abwesendheit des Staates in den ländlichen Regionen, wo es keine staatlichen Autoritäten gibt, die solche Geschehnisse verhindern oder verurteilen können. Religiöse Morde werden nur sehr selten strafrechtlich verfolgt, wodurch evangelikale Fanatiker sich bestätigt und motiviert fühlen.