Linkes ALBA-Bündnis will gegen Corona-Pandemie in Lateinamerika vorgehen

Staatenbund für Unterstützung der WHO. ALBA-China-Forum angestrebt. UN-Wirtschaftskommission plädiert für Aussetzung von Auslandsschulden

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Venezuelas Präsident Maduro plädiert für einen Wirtschaftsrat zur Überwindung der sozialen Folgen der Pandemie
Venezuelas Präsident Maduro plädiert für einen Wirtschaftsrat zur Überwindung der sozialen Folgen der Pandemie

Caracas. Staats- und Regierungschefs der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (Alianza Bolivariana para los Pueblos de Nuestra América, ALBA) haben bei einem Gipfeltreffen die Herausforderungen in Zeiten der Corona-Pandemie diskutiert und gemeinsame Maßnahmen angekündigt. Die Videokonferenz hatte zum Ziel, die Grundlagen für einen Plan zur Linderung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Pandemie zu schaffen. Neben dem venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro nahmen die Staatschefs von Nicaragua, Kuba, Antigua und Barbuda, Dominica, St. Kitts und Nevis, St. Vincent und den Grenadinen sowie von Granada teil.

Die Staats- und Regierungschefs einigten sich darauf, verschiedene Abkommen zur wirtschaftlichen Erholung während der Corona-Krise umzusetzen, die internationale Solidarität für gemeinsame Aktionen gegen die Pandemie zu unterstützen und die Bemühungen zur gemeinsamen Bewältigung der Situation in der Region zu vereinen.

Nicolás Maduro schlug als aktueller Vorsitzender der Regionalorganisation dafür die Einberufung eines gemeinsamen Rates vor, der die Außen- und Wirtschaftsminister der Länder zusammenbringen soll, um die Vorschläge der Konferenz zu konkretisieren. Der Rat soll am 29. Juni zusammenkommen, dem 15. Jahrestag der Gründung von Petrocaribe, einem von der venezolanischen Regierung gefördertes Abkommen über staatliche Kooperation in der Energiewirtschaft.

Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel bekräftigte die Loyalität seines Landes mit den Regierungen in Venezuela, Nicaragua und den karibischen Staaten. Wie auch der Premierminister von Dominica, Roosevelt Skerrit, forderte Díaz-Canal, den Multilateralismus zu stärken und die Arbeit der WHO sowie der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) zu unterstützen. Eine kollektive Reaktion sei "der einzig wirksame Weg, den Kampf gegen die Pandemie zu gewinnen". Díaz-Canel bot an, das öffentliche Gesundheitswesen in den ALBA-Staaten durch kubanische Gesundheitsexperten und medizinische Innovationen zu stärken.

Zudem prangerte Kubas Regierung die Verschärfung der Sanktionen der US-Regierung in Zeiten der Pandemie an. Diese Sanktionen bedrohten den Frieden und die Sicherheit in der Region. "Die Pandemie kann nur von zwei Momenten bekämpft werden, zu denen jeder fähig ist: Zusammenarbeit und Solidarität." Er nannte Chinas Hilfe als positives Gegenbeispiel zur Haltung der US-Regierung. Auch der Premierminister von Antigua und Barbuda, Gaston Brown, forderte eine engere Kooperation mit China. Er schlug vor, ein ALBA-China-Forum zur Stärkung der strategischen und wirtschaftlichen Allianzen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie abzuhalten.

Neben den Staats- und Regierungschefs des Regionalblocks waren als Gäste der Videokonferenz die Exekutivsekretärin der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (Cepal), Alicia Bárcenas, und der Direktor des Tricontinentalinstituts für Sozialforschung, Vijay Prashad, eingeladen.

Bárcena lobte die Arbeit des Bündnisses, das die regionale Integration fördere, und machte nachdrücklich ihre Ablehnung der wirtschaftlichen Sanktionen gegen Venezuela und Kuba deutlich. Angesichts der historischen Ungleichheiten zwischen den Ländern der Region, die sich durch die Pandemie noch weiter verstärkten, wünsche sich die Cepal eine produktivere, soziale und wirtschaftliche regionale Integration.

Während die UN-Wirtschaftskommission eine "Aussetzung der Zins- und Auslandsschuldenzahlungen" anstrebt, was "ein großer Anreiz und eine große Erleichterung für die Länder der Region" wäre, forderte der Forscher Vijay Prashad statt eines Aufschubs einen internationalen Schulden- und Zinsenerlass für die Entwicklungsländer. Diese müssten jetzt ihre gesamten Ressourcen auf die Bewältigung der globalen Notlage in den dafür wichtigen Sektoren konzentrieren.

Die Bolivarische Allianz für Amerika ist ein wirtschaftliches und politisches Bündnis von derzeit neun Staaten Lateinamerikas und der Karibik, das 2004 auf Initiative von Venezuelas Ex-Präsidenten Hugo Chávez und dem kubanischen Staatschef Fidel Castro gegründet wurde. Das Regionalbündnis sollte ursprünglich eine alternative Plattform zu der von den USA geplanten gesamtamerikanischen Freihandelszone ALCA darstellen. Mit Amtsantritt von Lenín Moreno, verlies 2018 zunächst Ecuador das Bündnis, im November 2019 trat auch die De-facto-Übergangsregierung Boliviens unter Jeanine Áñez aus.