Mexiko / Soziales / Wirtschaft

Mexiko: Covid-19-Ausbrüche in Fabriken befürchtet

15313205942_c45f55bc66_c.jpg

Die Arbeitsbedingungen in den mexikanischen Fabriken lassen vermehrt Corona-Infektionen befürchten
Die Arbeitsbedingungen in den mexikanischen Fabriken lassen vermehrt Corona-Infektionen befürchten

Mexiko-Stadt. Selbst die Covid-19-Pandemie hat die Montage-Industrie, sogenannte Maquilas, in Mexiko nicht völlig zum Erliegen gebracht. Die Angestellten der Branche, größtenteils Frauen, arbeiten weiterhin dicht an dicht, andere wurden entlassen oder ihre Löhne gekürzt. Dort, wo die Fertigung wieder aufgenommen wurde, wird ein weiterer Ausbruch von Covid-19 befürchtet, weil die Hygieneregeln meist nicht eingehalten werden.

Mehr als drei Millionen Menschen arbeiten in Mexiko dem Nationalen Statistikinstitut zufolge in der Maquila-Industrie. Ein Großteil der Fertigung ist an der Grenze zu den USA angesiedelt. Schon vorher litten die Angestellten unter prekären Arbeitsbedingungen wie niedrigen Löhnen, langen Arbeitszeiten und sozialer Unsicherheit, doch die Pandemie hat ihre Situation noch weiter verschärft.

Margarita Avalos Salas von der Nichtregierungsorganisation Ollin Calli in Tijuana erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Cimacnoticias, dass viele Angestellte mit einem Lohnanteil von 30 bis 60 Prozent nach Hause geschickt wurden, obwohl die Regierung die Industrie angewiesen hatte, die Löhne während des Lockdowns fortzuzahlen. Das Arbeitsministerium stellte am 10. April fest, dass bis dahin 12.000 Menschen ungerechtfertigt entlassen worden seien. Doch Avalos geht allein im Norden des Landes von viel höheren Zahlen aus. Es sei schwierig, dies festzustellen, weil die Mehrheit nicht sozialversichert sei oder in Heimproduktion gearbeitet habe.

"Systemrelevante" Zweige der Maquila-Industrie durften auch während des Lockdowns weiterarbeiten. Ollin Calli hat allerdings dokumentiert, dass die Betriebe inmitten der Coronakrise die Genehmigungen zum Toilettenbesuch und zum Wassertrinken reduziert haben. Dadurch sei auch häufiges Händewaschen nicht mehr möglich gewesen. Auch "nichtsystemrelevante" Fabriken hätten heimlich weitergearbeitet, so Avalos. In einem Fall seien bei der Ankunft der alarmierten Gesundheitsinspekteure die Arbeiter in Lagerräumen und Lastwagenanhängern versteckt worden. Zudem seien Fälle von einer Hyundai-Fernseherproduktion, einer Verpackungs- und einer Jalousiefabrik dokumentiert worden, in denen die Arbeiter mit zugezogenen Vorhängen in Bussen an ihre Arbeitsstätten gebracht wurden.

In Coahuila hat das "Komitee von Grenzarbeiterinnen" mehrere Beschwerden erhalten, weil innerhalb der Maquilas Gesundheitsmaßnahmen nicht durchgeführt wurden. Mitarbeiterin Julia Quiñones berichtete etwa, dass in der Firma "Transformadores" die Abstandsregeln nicht eingehalten wurden. Einige Angestellte klagten über Kopfschmerzen, doch die Firma habe nichts unternommen.

In der Maquila "Lear Corporation Río Bravo" in Ciudad Juárez, wo Autositze für Mercedes Benz gefertigt werden, wurde in der zweiten Aprilwoche ein erster Covid-19-Fall gemeldet. Mittlerweile sind laut Angaben der Gesundheitsbehörden 18 Mitarbeiter mit oder an dem Coronavirus gestorben. Insgesamt meldeten Behörden mit Stand vom 8. Juni 25 verstorbene Maquila-Angestellte. Zivilgesellschaftliche Organisationen wie das Kollektiv "Stop Makillas" zählen dagegen 104 Tote.

Seit Anfang Juni hat Mexikos Regierung die schrittweise Rückkehr zur "Neuen Normalität" verordnet, obwohl die Zahl der Infektionen höher als während des Lockdowns ist. Am 10. Juni gab es mehr als 129.00 Fälle, davon rund 15.300 Verstorbene. Das Ampel-Modell, das die Regierung für die Wiedereröffnung angesetzt hat, zeigt fast alle Bundesstaaten in der höchsten Alarmstufe.

Arbeiterinnen wie Amapola López von der "Koalition der Arbeiterinnen in der Elektroindustrie" in Jalisco sorgen sich, dass bei der Wiedereröffnung der Profit über die Gesundheit der Mitarbeiter gestellt wird: "Sie machen sich Sorgen um ihre Kunden, ihre Produkte und ihren Gewinn, aber nicht darum, ob wir uns anstecken. Es geht nur darum, die Profite auf Kosten des Lebens der Arbeiter zu maximieren."