Venezuela: Guaidó gab US-Söldnern Freibrief für "tödliche Gewalt"

Vertrag sah auch Einsatz von international geächteten Antipersonenminen vor. Neue Details über Spur von US-Söldnern nach Deutschland

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Nach dem gescheiterten Invasionsversuch: Festnahmen in der Colonia Tovar in Venezuela
Nach dem gescheiterten Invasionsversuch: Festnahmen in der Colonia Tovar in Venezuela

Caracas. In Venezuela haben Sicherheitsbehörden bei einer Operation in der ehemaligen Deutschensiedlung Colonia Tovar im Teilstaat Aragua drei weitere Armeeangehörige verhaftet, die an einer gescheiterten Militäraktion im Norden des Landes am 3. Mai beteiligt gewesen sein sollen. Die verdächtigten Jairo B., Franco J. und Evan R. wurden dem Haftrichter vorgeführt.

"Die Festnahme dieser Deserteure ist Teil eines Einsatzes der staatlichen Sicherheitskräfte zur Ergreifung der Teilnehmer der fehlgeschlagenen Söldner-Operation, die darauf abzielte, einen Staatsstreich durchzuführen und Präsident Nicolás Maduro zu ermorden", berichtete der lateinamerikanische Fernsehsender Telesur, der in Venezuela eine regierungsnahe Position einnimmt. Nach Angaben der venezolanischen Polizei werden die Operationen zur Suche und Festnahme weiterer Beteiligter an der Militäraktion fortgesetzt.

Bislang wurden im Zusammenhang mit den Ereignissen vom 3. Mai rund zwei Dutzend Personen verhaftet, darunter zwei ehemalige Angehörige der US-Spezialeinheit Green Berets, beide mit Verbindungen nach Deutschland.

Die Regierung von Präsident Maduro verschärft indes den Ton gegen die politische Führung des Nachbarlandes Kolumbien. Man habe zuverlässige Beweise für eine Beteiligung der Regierungen Kolumbiens und der Vereinigten Staaten an dem versuchten Umsturz, hieß es aus Caracas. Beide genannten Regierungen unterstützen den Abgeordneten der Nationalversammlung und selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó. Ein enger Berater Guaidós hat inzwischen bestätigt, dass er einen umfassenden Vertrag mit der US-Söldnerfirma Silvercorp unterzeichnet hat. Ziel sei es gewesen, die Regierung Maduro zu stürzen und einen Regimewechsel einzuleiten.

Die US-Tageszeitung Washington Post veröffentlichte indes die komplette Fassung des Vertrags zwischen Silvercorp und Guaidó. Die Verhandlungen darüber seien im vergangenen Jahr initiiert worden und mitunter schwierig verlaufen. Dennoch sei die über 40 Seiten umfassenden Anhänge zu der Vereinbarung schließlich zur Unterschrift gekommen, schreibt Ana Vanessa Herrero, die an dem Bericht der Washington Post mitgewirkt hat. Ihre Redaktion habe zuvor schon eine siebenseitige Vertragsfassung verifiziert, die ihr von Silvercorp-Gründer Jordan Goudreau zur Verfügung gestellt worden war.

Der Söldnerunternehmer, der sich inzwischen offenbar mit Guaidó überworfen hat, spielte der US-Zeitung zudem ein heimlich aufgenommenes Video zu, indem der selbsternannte Interimspräsident den Vertrag gutheißt. "Wir tun hier das richtige für unser Land, ich werde das unterschreiben", so der Oppositionspolitiker.

Die konkreten Vereinbarungen des geleakten Dokuments belasten Guaidó und seine Unterstützer nun aber massiv. So planten die US-Söldner, im Zuge einer Machtübernahme auch mit den Sondereinheiten (Fuerzas de Acciones Especiales, FAES) sowie weiteren Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten. Dabei hatte ausgerechnet die Opposition um Guaidó die FAES mehrfach als Todesschwadron bezeichnet.

In einem anderen Teil des Vertrags ließ sich Silvercorp von Guaidó den Einsatz von Antipersonenminen des Typs Claymore M18A1 zusichern. Der Einsatz dieser Waffen ist durch die Ottawa-Konvention geächtet, die Venezuela unterzeichnet und ratifiziert hat.

Der nun veröffentliche Putschvertrag sicherte der Söldnertruppe auch den Einsatz "tödlicher Gewalt zum Schutz designierter Personen und Militärs" zu. Detaillierte Informationen enthält der Kontrakt zudem zu den Zahlungsmodalitäten. Sollte die neu inthronisierte Staatsführung nicht liquide sein, könne sie Silvercorp auch mit venezolanischem Erdöl bezahlen, heißt es an der entsprechenden Stelle.

Der US-Journalist Adam Housley berichtete indes auf Twitter über die im bayerischen Schweinfurt lebende Ehefrau von einem der inhaftierten US-Söldner, Airan Berry. "Meine Tochter, mein Sohn und ich waren glücklich, meinen Mann im venezolanischen Fernsehen relativ unversehrt zu sehen", zitiert er Melanie Berry. Ihre Hauptsorge sei nun, dass er weiterhin menschlich behandelt wird, während er sich in Venezuela aufhält.

Airan Berry lebt seit Jahren in Schweinfurt. In Deutschland war er offenbar auch mit einem weiteren nun in Venezuela inhaftierten US-Militär, Luke Denman, und Goudreau zusammengekommen. Berry und Denman waren bei den US-Truppen in Deutschland stationiert.

Berrys Ehefrau führt ein Einrichtungsgeschäft in Schweinfurt, gemeinsam mit ihrer Mutter Jutta Schmid, einer Lokalpolitikerin der CSU. Bei den Lokalwahlen im März hatte Schmid für den Stadtrat in Schweinfurt auf Platz 24 kandidiert.

Beachtlich sind auch die Festnahmen in der ehemaligen Deutschensiedlung Colonia Tovar, deren Vertreter über gute Kontakte zu konservativen Parteien in Deutschland verfügen. 2016 hatten Vertreter des inzwischen weitgehend unbedeutenden Oppositionsbündnisses Tisch der demokratischen Einheit (Mesa de la Unidad Democrática, MUD) Deutschland besucht, um politische Unterstützung zu mobilisieren. Die Visite, die von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Weiss organisiert worden war, diente auch der Pflege der Kontakte zur Colonia Tovar. Die sechs Abgeordneten der venezolanischen Nationalversammlung waren offiziell in erster Linie wegen der historischen Beziehungen der Stadt Endingen zur Colonia Tovar nach Deutschland gekommen. Der Gruppe gehörten Marialbert Barrios, Iván Stalin Gonzalez, Freddy Guevara, Juan Miguel Matheus, Angel Medina und Miguel Pizarro an. Sie alle sind bis heute aktive Gegner der Regierung Maduro.