Sozioökonomische Krise durch Corona-Pandemie in Mexiko

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Mediziner der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko raten der Bevölkerung, Mundschutz zu tragen
Mediziner der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko raten der Bevölkerung, Mundschutz zu tragen

Mexiko-Stadt. Das bereits von großer Ungleichheit geprägte Mexiko ist seit den ersten Corona-Verdachtsfällen mit akuten sozioökonomischen Herausforderungen konfrontiert. Die Regierung muss die gesellschaftlichen Kollateralschäden niedrig halten und mit einer Pandemie-Politik vereinbaren.

Die Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung einer schnellen Ausbreitung der Krankheit führen zur existenziellen Not bei Menschen aus der Unter- und Mittelschicht. Vergangene Woche stellte Präsident Andrés Manuel López Obrador deshalb einen Wirtschaftsplan vor. Dabei bittet er die US-amerikanische Fondsgesellschaft Blackrock um finanzielle Hilfe. Zugleich bedauerte er, dass die Vereinten Nationen sich nicht "um eine gerechte Verteilung von Medikamenten und medizinischer Ausrüstung" in Mexiko sorgten.

Mittlerweile sind das soziale Leben und der Handel erheblich eingeschränkt. Im Rahmen des Wirtschafts-Krisenplans will sich die Regierung auf die Unterstützung von "informellen Arbeitern und kleinen und mittelständischen Unternehmen" konzentrieren, da diese "wirtschaftlich am stärksten von der gesundheitlichen Notlage betroffen" sind.

Neben der finanziellen Unterstützung von Privatunternehmen verspricht der Plan die Schaffung von rund zwei Millionen neuen Arbeitsplätzen. Dadurch sollen informelle Arbeiter in den formellen Sektor überführt und so die "Wirtschaft der Ärmsten" mit öffentlichen Geldern gestärkt werden stärken. Bislang ist nicht ersichtlich, durch welche Projekte diese Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. Indes sind auch die Arbeitsverhältnisse im formellen Sektor oftmals prekär. So bieten Arbeitsverträge häufig keinen ausreichenden Schutz vor ökonomischer Ausbeutung und dem Absturz in die Arbeitslosigkeit.

Zur Vermeidung von Entlassungen appelliert der Präsident an eine "soziale Vernunft" und bittet die Unternehmer, während der Krise Kündigungen zu unterlassen. Aber das reicht offenbar nicht aus: So nutzt beispielsweise die Schuhfabrik Safi, ein Großbetrieb in Guanajuato, die Pandemie, um Angestellte willkürlich zu entlassen, ohne ihnen ihre vertraglich zustehenden Abfindungen zu bezahlen. Das in Puebla ansässige deutsche Unternehmen Volkswagen hält sich zwar an die Empfehlung und hält Arbeitsverträge trotz der Stilllegung des Werks aufrecht. Allerdings zahlt der Konzern bis auf weiteres nur noch 50 Prozent des Gehalts an Angestellte aus. Die Autofirma selbst gab unlängst bekannt, die Produktion umzustellen und nun Beatmungsgeräte für die Krankenhäuser Mexikos herzustellen.

Die Regierung hatte eine angemessene Corona-Politik lange hinausgezögert. Schon am 11. Februar meldete das Gesundheitsministerium erste Verdachtsfälle und registrierte etwa zwei Wochen später den ersten Covid-19-Patienten. Obwohl bereits ersichtlich gewesen sein musste, dass die Zahl der Infizierten rapide ansteigen wird, spielte der Epidemiologe Hugo López-Gatell, Leiter des Sekretariats für Prävention und Gesundheitsförderung im Gesundheitsministerium, noch am 2. März die Brisanz der Pandemie herunter: Die Regierung könne davon ausgehen, dass "das Risiko einer Coronavirus-Übertragung in Mexiko sehr gering ist".