UNO warnt vor sozialen Folgen von Corona und fordert Aussetzung von Sanktionen

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Warnt vor sozialen Folgen der Corona-Pandemie: Cepal-Chefin Alicia Bárcena
Warnt vor sozialen Folgen der Corona-Pandemie: Cepal-Chefin Alicia Bárcena

Santiago de Chile. Die Exekutivsekretärin der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (Cepal), Alicia Bárcena, geht davon aus, dass der pandemisch auftretende neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 sich unmittelbar negativ auf die bereits geschwächte Weltwirtschaft auswirkt. In diesem Zusammenhang sei ein Anstieg der Armutszahl in Lateinamerika um 35 Millionen Menschen zu erwarten. Auch bestehe eine erhöhte Gefahr für die Gesundheitssysteme in Lateinamerika und der Karibik, so Bárcena. Zugleich forderte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, eine Aussetzung von Sanktionen gegen ganze Wirtschaftsbranchen eines betroffenen Landes. Dies hatte in den vergangenen Tagen vor allem mit Blick auf die Strafmaßnahmen der USA gegen Iran, Kuba und Venezuela in der politischen Debatte eine Rolle gespielt.

Die Cepal-Chefin sieht Angebot und Nachfrage gleichfalls betroffen, "entweder durch die Unterbrechung von Produktionsketten oder durch den Verlust von Einkommen und Rentabilität aufgrund von erhöhter Arbeitslosigkeit und größeren Schwierigkeiten bei der Erfüllung von Schuldenzahlungsverpflichtungen".

Nach Bárcenas Ansicht sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie "verheerend für die Weltwirtschaft". Die Folgen würden sich von denen der Finanzkrise 2008-2009 unterscheiden und seien womöglich intensiver zu spüren: "In Lateinamerika könnte es zu einem Rückgang des regionalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,8 Prozent kommen, was zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote um bis zu zehn Prozent führen könnte“, sagte sie.

Die mexikanische Biologin und Politikerin, die an der Spitze der Cepal steht, sieht die wirtschaftliche Gefahr für Lateinamerika und die Karibik vor allem im Rückgang der Exporte auf den chinesischen Markt um bis zu 10,7 Prozent begründet. Hinzu kämen der Einbruch der touristischen Nachfrage um bis zu 25 Prozent, der Einbruch der Rohstoffpreise und die zu erwartende Zurückhaltung bei Investitionen.

Bárcena machte auch auf die Bedeutung des Zusammenspiels zwischen Gesundheit- und Sozialpolitik aufmerksam. Dies sei wichtig, um die Ansteckungsrate insbesondere bei den am stärksten gefährdeten sozialen Gruppen unter Kontrolle zu bekommen. Ein wichtiger Faktor sei neben dem Alter, schließlich auch das Einkommen. "Je ungleicher ein Land ist, desto mehr gefährdete Gruppen werden die Hauptlast der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie tragen und desto weniger Ressourcen werden diese Menschen zur Bekämpfung der Pandemie haben. Besondere Aufmerksamkeit sollte den Frauen aufgrund ihrer Doppelrolle als Arbeitnehmerinnen und Betreuerinnen gelten", so die Exekutivsekretärin der Celac.

Bárcena sprach sich für eine globale und regionale Koordination und Zusammenarbeit in Bezug auf die globale Corona-Pandemie aus. Dies müsse mit der Weltgesundheitsorganisation koordiniert werden und erfordere "ein Umdenken der gesamten Wirtschaft".

Die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik ist als Organisation der Vereinten Nationen verantwortlich für die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung dieser Region. Die Cepal konzentriert sich in erster Linie auf die wirtschaftliche Forschung.

Umfassende Sektorsanktionen sollten in Ländern, die mit der Coronavirus-Pandemie konfrontiert sind, dringend neu bewertet werden, da sie möglicherweise eine schwächende Wirkung auf die Gesundheitssysteme und die Menschenrechte haben, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, am Dienstag.

"Es ist von entscheidender Bedeutung, den Zusammenbruch des medizinischen Systems eines jeden Landes zu vermeiden – angesichts der explosiven Auswirkungen, die dies auf Tod, Leiden und eine breitere Ansteckung haben wird", so Bachelet. "In dieser entscheidenden Zeit sollten sowohl aus Gründen der globalen öffentlichen Gesundheit als auch zur Unterstützung der Rechte und des Lebens von Millionen von Menschen in diesen Ländern die Sektorsanktionen gelockert oder ausgesetzt werden", forderte die ehemalige chilenische Präsidentin. Im Kontext einer globalen Pandemie erhöhe die Behinderung der medizinischen Bemühungen in einem Land das Risiko für alle.