SIPRI-Bericht: Rechte Regierungen in Lateinamerika rüsten weiter auf

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Brasilien kauft nachwievor die meisten Waffen aller lateinamerikanischer Länder, Tendenz weiter steigend
Brasilien kauft nachwievor die meisten Waffen aller lateinamerikanischer Länder, Tendenz weiter steigend

Stockholm. Nach Zahlen des aktuellen Fünf-Jahres-Berichts des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI werden nach Lateinamerika weiterhin viele Waffen geliefert, wobei sich auch nach wie vor Deutschland als Exportnation hervortut. Brasilien ist das Land mit der höchsten Importrate von Kriegswaffen in der Region. Brasiliens Waffenimporte in den Jahren 2015 bis 2019 waren die höchsten in Südamerika und machten 31 Prozent der Waffenimporte der Region aus – und dies trotz eines 37-prozentigen Rückgangs im Vergleich zum Zeitraum von 2010 bis 2014. Die meisten von kriminellen Banden in Brasilien benutzten Gewehre sind AK-47 und AR-15, die zu fast 100 Prozent aus den USA kommen. Nach Angaben der brasilianischen Regierung stammen insgesamt 24 Prozent der illegalen Waffen aus den USA. Erst am vergangenen Wochenende hatten die USA und Brasilien eine engere Kooperation beim Handel mit Rüstungsgütern vereinbart.

Mit einem deutschen Fabrikat allerdings wurde Marielle Franco erschossen. Sie war Menschenrechtsverteidigerin und Stadträtin für die Linkspartei Sozialismus und Freiheit in Rio de Janeiro. Als Schwarze und lesbische Frau setzte sie sich gegen Rassismus und Polizeigewalt in der brasilianischen Metropole ein und engagierte sich für die Rechte von Frauen, LGBTIQ und Favela-Bewohnern. Sie wurde mit einer Heckler & Koch ermordet, die an Sondereinheiten der brasilianischen Polizei geliefert worden war. Trotz deutscher Waffenexportkontrolle gelangte sie in die Hände von Milizen.

Auch in Kolumbien zirkulieren deutsche Pistolen, unter anderem der Firma SIG Sauer. 38.000 Pistolen hat die deutsche Firma in 99 Fällen in das Bürgerkriegsland verkauft. Ein Dossier des Kinderhilfswerks terre des hommes fasst Informationen von einem kolumbianischen Journalisten zusammen. Daraus geht hervor, dass SIG Sauer-Pistolen, darunter die SP2022, in Kolumbien illegal an bewaffnete Gruppen verkauft werden, unter Beteiligung der kolumbianischen Polizei. Von Paramilitärs und Drogenkartellen, aber auch Armeeangehörigen werden sie für Verbrechen verwendet.

Im Jahr 2019 erreichte das Volumen genehmigter Rüstungsexporte aus Deutschland die bisher höchsten Werte, so die Rüstungsexportbilanz der Bundesregierung. Auch der am Montag publizierte Fünf-Jahres-Bericht von SIPRI bestätigt diese katastrophale Bilanz: Der Export von Großwaffensystemen (darunter fallen u. a. Kampfflugzeuge, Militärhelikopter, Kriegsschiffe und Kampfpanzer) ist von 2015 bis 2019 weltweit um weitere fünf Prozent gestiegen. Deutschlands Kriegswaffenexporte wurden mit Genehmigung der Großen Koalition sogar um 17 Prozent gesteigert. Die Top 5 Exporteure waren die USA, Russland, Frankreich, Deutschland und China. "Die Rüstungsexport-Genehmigungspolitik von CDU, CSU und SPD ist weder restriktiv noch christlich oder sozial – sie ist unchristlich und unsozial, inhuman und barbarisch", kommentiert der Publizist und Friedensaktivist Jürgen Grässlin in einer Pressemitteilung unterschiedlicher Antikriegsorganisationen.

Auch die US-Regierung hat neue Exportbestimmungen für amerikanische Kleinwaffen, Munition und Waffenteile eingeführt. Dies ist ein großer Sieg für die amerikanische Waffenindustrie, die sich seit mehr als einem Jahrzehnt für diesen Wandel einsetzt. Dadurch wird es nun noch wahrscheinlicher, dass in Amerika hergestellte Waffen in Hände illegaler Akteure gelangen. Die Vereinigten Staaten sind bereits jetzt eine Hauptquelle für illegale Waffen in ganz Lateinamerika. Sie produzieren bis zu 70 Prozent aller Waffen in illegalem Besitz, die von den Behörden in Mexiko, Brasilien und El Salvador beschlagnahmt werden. Die weit verbreitete Verfügbarkeit von Kleinwaffen ist nach Ansicht der Vereinten Nationen ein Schlüsselfaktor für internationale Konflikte.

Hauptimporteure weltweit sind die Länder des Nahen Ostens, wo die Käufe zwischen 2015 und 2019 um 61 Prozent stiegen und damit in den letzten fünf Jahren 35 Prozent der gesamten weltweiten Waffenimporte ausmachen. Saudi-Arabien war im selben Zeitraum der größte Waffenimporteur der Welt.