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Noch immer keine Wahlergebnisse in Guyana – dafür Ärger wegen zukünftiger Erdölförderung

Oberstes Gericht will entscheiden, wann und ob Ergebnisse veröffentlicht werden. Welche Rolle spielen Erdölförderung und Weltbank?

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Der amtierende Präsident, David Granger (links) oder Irfan Ali - immer noch nicht ist klar, wer die Wahl in Guyana gewonnen hat
Der amtierende Präsident, David Granger (links) oder Irfan Ali - immer noch nicht ist klar, wer die Wahl in Guyana gewonnen hat

Georgetown. Auch zehn Tage nach den Präsidentschaftswahlen gibt es im Kleinstaat Guyana an der Nordküste Südamerikas noch immer keine Ergebnisse. Zu konkreten Schuldzuweisungen wie in vergleichbaren Fällen anderer Länder in der Region, beispielsweise von Seiten der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), kam es bisher aber nicht. US-Außenminister Mike Pompeo sagte am Montag, er hoffe auf einen "demokratischen Übergang in Guyana". Auch Vertreter aus anderen Staaten wie Großbritannien, Kanada oder der EU mahnten, den Wahlprozess anständig zu beenden. Bruce Golding, der die Wahlbeobachtermission der OAS in dem Land anführt, bat vergangene Woche die Wähler in Guyana noch um etwas Geduld. Auch eine Woche später ist aber immer noch nicht klar, ob der bisher amtierende Präsident David Granger von der Allianz für einen Wandel (Alliance for Change) oder sein Herausforderer Irfan Ali von der oppositionellen Progressiven Volkspartei (People's Progressive Party, PPP) das Land in Zukunft führen wird.

Die Oberste Richterin Roxane George entschied am Sonntag, dass der Leiter des größten Wahlkreises Guyanas, der sogenannten Region Vier, gegen Wahlgesetze verstoßen habe, nachdem von ihm Ergebnisse ohne Verifizierung veröffentlicht wurden. Daraufhin kam es zu einer einstweiligen Verfügung, mit der die Erklärung eines Wahlsiegers vorläufig blockiert wurde. Am gestrigen Dienstag begann die Anhörung des Falls, um festzustellen, ob die Wahlbeamten die Überprüfung der Stimmen wieder aufnehmen müssen. Die Opposition hatte bereits die Befürchtung geäußert, die vorschnelle Veröffentlichung der Ergebnisse in der Region Vier hätten einen Wahlsieg von Präsident Granger begünstigen sollen.

Bei Protesten in den vergangenen Tagen wegen der Verzögerung der Veröffentlichung der Wahlergebnisse ist bereits mindestens ein Mensch getötet worden. Die momentan angespannte Situation im Land könnte dazu führen, dass die seit längerer Zeit schwelenden ethnischen Spannungen zwischen Afro-Guyanern und Indigenen sich weiter verschärfen. Die Gruppen werfen sich gegenseitig vor, die Kontrolle über die zukünftigen Einnahmen aus der florierenden Erdölförderung anzustreben.

Guyana, das weniger als 800.000 Einwohner hat, dürfte in den kommenden Jahren zu einem weltweit wichtigen Erdölproduzenten werden, da ein Konsortium von Unternehmen, darunter die Exxon Mobil, riesige Vorkommen von Erdöl dort gefunden hat.

Unklar ist, inwieweit sich der Kampf um die Kontrolle des Erdöls und die Aussicht auf immense Einnahmen auf die Verzögerung der Veröffentlichung der Wahlergebnisse auswirkt. Aufmerksamkeit erzeugte jedoch in dieser Woche ein auf Recherche der deutschen NGO Urgewald basierender Bericht im britischen "Guardian", wonach die Weltbank sich finanziell an der Vorbereitung der bevorstehenden Erdölförderung beteiligt.

Die Regierung von Präsident Granger soll die US-amerikanische Anwaltskanzlei Hunton Andrews Kurth damit beauftragt haben, den "Petroleum Act", das Erdölgesetz, zu überarbeiten. Dafür soll er von der Weltbank nach von ihr erfolgter Prüfung des Sachverhalts mit rund zwei Millionen US-Dollar unterstützt worden sein.

Die Weltbank dürfe die Förderung fossiler Brennstoffe zwar nicht direkt finanzieren, wie der "Guardian" schreibt, habe aber die guyanische Regierung um den noch amtierenden, aber vielleicht nicht mehr zukünftigen Präsidenten Granger bei der Ausarbeitung der Gesetzestexte finanziell unterstützt. Insgesamt soll die Weltbank Guyana bereits rund 55 Millionen US-Dollar bereitgestellt haben, seitdem die großen Erdölfunde bekannt geworden sind. Vor den Erdölfunden war die Unterstützung der Weltbank vergleichsweise noch äußerst bescheiden ausgefallen.

Ende Januar hatte Exxon Mobil nach dem Fund eines weiteren Erdölfeldes vor der Küste von Guyana die Förderprognose für das südamerikanische Land von sechs auf acht Milliarden Barrel erhöht. Urgewald prognostiziert die zukünftige Fördermenge sogar auf 13,6 Milliarden Barrel Erdöl und 32 Billionen Kubikfuß Erdgas.