Kolumbien: Tausende Indigene feiern 49 Jahre Kampf für "Land, Kultur und Autonomie"

Indigener Regionalrat des Cauca setzt sich seit 1971 für die Rechte der indigenen Gemeinschaften ein. Scharfe Kritik an Regierungspolitik

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Mitglieder der Selbstverteidigungseinheiten "Guardia Indigena" erheben während der Hymne der Bewegung ihren Baston de Mando, das Autoritätsymbol der Amtsträger.
Mitglieder der Selbstverteidigungseinheiten "Guardia Indigena" erheben während der Hymne der Bewegung ihren Baston de Mando, das Autoritätsymbol der Amtsträger.

Pitayo. Rund 3.000 Menschen haben im indigenen Selbstverwaltungsgebiet Pitayo im Departamento Cauca den 49. Jahrestag der Gründung des Consejo Regional Indígena del Cauca (Cric, Indigener Regionalrat des Cauca) begangen. Der Rat ist eine der ältesten und stärksten Organisationen der sozialen Bewegungen in Kolumbien und Lateinamerika.

Einen Schwerpunkt der Feierlichkeiten bildete die Erinnerung an die Anfänge: Inmitten breiter Landkämpfe meist landloser und in Frohndienst lebender Kleinbauern gründeten am 24. Februar 1971 sieben indigene Selbstverwaltungsgebiete in Toribío den Rat. Unter dem bis heute gültigen Motto "Zusammenhalt, Land, Kultur und Autonomie" fanden sie bald großen Zulauf. "Barfuß überquerten wir damals zu Hunderten die Berge, um Land zurückzugewinnen, das uns die Großgrundbesitzer geraubt hatten", berichtete Javier Calambas, Veteran der Bewegung.

Darüber hinaus wurde der Hunderten Kämpfer gedacht, die ihr Leben für diesen Prozess gegeben haben. "Von diesem Einsatz profitieren heute ganz konkret Hunderttausende Indigene in den Selbstverwaltungsgebieten", unterstrich Feliciano Valencia, einer der bekanntesten Cric-Vertreter und seit 2018 Senator. Wie alle Sprecher hob auch er die Erfolgsgeschichte der Organisierung hervor.

Heute vereint der Rat 126 indigene Lokalverwaltungen (Cabildos) und 94 indigene Selbstverwaltungsgebiete (Resguardos) mit einer Fläche von etwa 5.500 Quadratkilometern. Die circa 264.000 Bewohner organisieren ihre Verwaltung sowie Teile der Bildung, Gesundheitsversorgung und Wirtschaft nach eigenen Vorstellungen und unter Beteiligung der ganzen Gemeinde. Das Land ist Kollektivbesitz und unveräußerlich. Die wiederbelebten indigenen Weltsichten, Sprachen und Gesellschaftsweisen bilden die Basis für den Zusammenhalt. Die zugrundeliegenden Autonomie-, Land- und Kulturrechte wurden aufgrund der Kämpfe der Bewegung 1991 in die neue Verfassung aufgenommen.

Dieser Bruch mit den kolonial-rassistischen Machtstrukturen sei trotz massiver Repression erreicht worden. Ebenso hätten sich die indigenen Gemeinden inmitten des bewaffneten Konflikts zwischen verschiedenen Guerillas und Staat behauptet, in dem die Konfliktparteien das Leben und die Selbstbestimmungsrechte der indigenen Bevölkerung vielfach missachten. "Die Kraft hierfür gaben uns die Natur, unsere Kosmovision und unsere Ahnen, die seit der europäischen Invasion gegen ihre Auslöschung kämpften", erklärte Blanca Andrade, Veteranin der Bewegung. "Dies war nicht die Leistung von Einzelnen, dies ist das Ergebnis eines kollektiven Prozesses unserer Gemeinden", rief Ermes Pete, Mitglied des neunköpfigen Obersten Rates des Cric, unter großem Beifall. "Es ist eine lange Geschichte mit vielen Fehlern. Aber wir lernen beim Gehen, wie wir Indigenen sagen. Wir dürfen diese Geschichte niemals vergessen – wir müssen sie weiter kämpfen, weiter erschaffen."

Vor Tausenden indigenen Amtsträgern und Resguardo-Bewohnern aus dem gesamten Cauca sowie Gästen aus dem In- und Ausland reflektierten mehrere Sprecher den aktuellen Zustand der Bewegung kritisch. "Wir dürfen uns nicht in Verwaltungs- und Geldfragen verlieren. Wir dürfen den politischen Charakter des Kampfes und seine historische Orientierung nicht verlieren", mahnte Ferley Quintero, ebenfalls Mitglied des Obersten Rates.

Obwohl mehrheitlich Männer sprachen, war auffällig, dass viele den Beitrag und die Bedeutung der Frauen in der Bewegung hervorhoben. Dies sei ein Zeichen dafür, dass der Kampf der Frauen gegen die ungleichen Geschlechterstrukturen in der Bewegung langsam Früchte trage. Dabei würden die kollektiven Rechte der Frauen eingefordert, ohne den gemeinsamen Kampf mit den indigenen Männern zu spalten, wie Blanca Andrade analysierte. Vielfach wurde auch das Problem angesprochen, wie die Jugend besser in die Prozesse der Bewegung integriert und ihnen eine wirtschaftliche Perspektive eröffnet werden kann.

Scharf kritisiert wurde die Politik der Regierung: Sie versuche, die Autonomierechte der indigenen Territorien zu untergraben. Durch die Unterstützung von paramilitärischen Gruppen und Drogenkartellen sowie die Militarisierung der indigenen Gebiete verübe sie einen Genozid an den indigenen Bevölkerungsgruppen. Konkret geht es um das Dekret 2353 vom Dezember 2019, welches das Entscheidungsrecht der indigenen Bevölkerung über Bergbauaktivitäten in ihren Gebieten aushöhle: "Damit wird den Großkonzernen die Tür in unsere Selbstverwaltungsgebiete geöffnet", bilanzierte einer der politischen Beiräte des Cric. Dagegen wolle man die Selbstorganisierung weiter stärken – etwa durch die Gründung eines indigenen Gerichtshofs und einer indigenen Gemeinschaftsbank sowie eine weitere Dekolonisierung der eigenen Strukturen.