Kolumbien: Hat Ex-Präsident Álvaro Uribe mit Kartellchef "El Chapo" kooperiert?

Ex-Kollaborateur des Sinaloa-Kartells in Kolumbien bezeugt Beteiligung Uribes an Kokainlieferungen. Agent der DEA soll Kokainexport geduldet haben

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Gegen Uribe gibt es auch dutzende Anschuldigungen wegen Kooperation mit Paramilitärs und Beteiligung an Massakern
Gegen Uribe gibt es auch dutzende Anschuldigungen wegen Kooperation mit Paramilitärs und Beteiligung an Massakern

Bogotá. US-amerikanische und britische Medien haben Hinweise auf die Beteiligung des heutigen Senators und ehemaligen Präsidenten von Kolumbien, Álvaro Uribe (2002-2010), am Export von Kokain für den Chef des Sinaloa-Kartells zwischen 2006 und 2008 gemeldet. Uribe soll eine Million US-Dollar und einen Smaragd bekommen haben, damit der als "El Chapo" bekannte Chef des mexikanischen Kartells, Joaquín Archivaldo Guzmán Loera, zehn Tonnen Kokain vom internationalen Flughafen von Bogotá nach Mexiko transportieren konnte. Die Informationen basieren auf einer Recherche des in Kanada exilierten Ex-Agenten der kolumbianischen Ermittlungsabteilung der Staatsanwaltschaft (CTI), Richard Maok.

Den Deal habe der Eigentümer der kolumbianischen Frachtflugzeuggesellschaft Air Cargo Lines, Raúl Jiménez, persönlich mit Uribe abgeschlossen. Er soll vom Präsidenten grünes Licht für den Bau einer Sondergefrierhalle am Flughafen von Bogotá bekommen haben. Dort sollen die zehn Tonnen Kokain von "El Chapo" und seinem Partner Ismael Zambada, auch als "El Mayo Zambada" bekannt, gelagert worden sein. Auch habe sich Jiménez den Segen von Uribe für die Einreise eines Frachtflugzeugs DC-8 erkauft, weil die Maschine die kolumbianischen Sicherheitsbestimmungen nicht erfüllte. Mit der DC-8 hat das Sinaloa-Kartell das Kokain nach Mexiko transportiert. Die zehn Tonnen seien in sechs Lieferungen aufgeteilt worden.

Die Quelle dieser Details ist ein Ex-Polizist und Ex-Sicherheitschef der Frachtflugzeuggesellschaft Air Cargo Lines. Der exilierte Maok hat ihn in einem 45-minutigen Audio interviewt und es in seinem Youtube-Kanal vor wenigen Wochen veröffentlicht. Maoks Informant habe selbst beim Kokainversand bis 2009 mitgemacht. Er habe jedoch später vor Paramilitärs ins Ausland fliehen müssen, weil er beim Drogengeschäft nicht mehr mitmachen wollte. Als er noch Teil der Lieferstruktur war, habe er eine Million US-Dollar von Bogotá nach Medellín transportiert und zwei Abgesandten von Uribe ausgehändigt.

Ebenfalls habe der Ex-Sicherheitschef von Air Cargo Lines dem Paramilitär "Mono Vide" in Bogotá eine Tasche mit Pistolen 5.7 überreicht. Ihm wurde gesagt, die Pistolen seien ein Geschenk von Uribe. Die Pistolen seien Teil einer größeren Ladung von Waffen und US-Dollar gewesen, die aus Mexiko eingeflogen worden wären.

An dem Kokainexport hätten sich außerdem zwei hohe Beamte der Zivilluftfahrtbehörde sowie der Chef der Behörde für Drogenkontrolle am Flughafen, der Polizeimajor Luis León, beteiligt. León habe für seine Mitarbeit 300.000 US-Dollar und zwei Flugtickets nach Panama bekommen. Weitere Beteiligte seien zwei kolumbianische Drogenhändler und zwei Pastore einer evangelischen Sekte gewesen, die den Kontakt zwischen Jiménez und Uribe vermittelt hätten. Auch der Agent der US-Drogenvollzugsbehörde (DEA), Emir Abreu, habe von der Versendung von Kokain aus Kolumbien gewusst, habe aber nichts dagegen unternommen. Der Informant sei Zeuge von Treffen zwischen Jiménez und Abreu gewesen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Uribe Kontakte mit dem Sinaloa-Kartell nachgesagt werden. Sein Bruder Jaime, der 2001 gestorben ist, hatte mit Dolly Cifuentes, einer Frau des Drogen-Klans Cifuentes, zwei Kinder gehabt. Uribes Schwägerin und Nichte sind 2001 wegen Drogenhandels in die USA ausgeliefert worden. Der Ex-Präsident hat damals versichert, er wüsste nichts von der Beziehung zwischen seinem Bruder und Cifuentes und kenne nur die erste Frau Jaimes und ihre zwei Kinder.

Bezüglich des neuen Skandals streite Uribe alle Informationen von Maok ab. Er sei nur ein Justizflüchtling, der mit Hilfe von Uribes Gegnern nach Kanada geflohen ist, wo er komplette Straflosigkeit genieße. Maok hatte 2002 Verbindungen zwischen der Staatsanwaltschaft und den Paramilitärs angeprangert. Nachdem der damalige Oberstaatsanwalt ihn wegen Missbrauch interner Informationen angezeigt hatte, ist er ins Exil gegangen.