El Salvador / Politik

Präsident von El Salvador lässt Parlament von Militär und Polizei besetzen

Bukele will mehr Finanzmittel für innere Sicherheit erzwingen und ruft Anhänger zum Aufstand auf. Soziale Organisationen: Attentat auf Demokratie

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Auf Befehl des Präsidenten habe Soldaten und Polizisten das Parlamentsgebäude besetzt
Auf Befehl des Präsidenten habe Soldaten und Polizisten das Parlamentsgebäude besetzt

San Salvador. Auf Befehl des Präsidenten Nayib Bukele haben dutzende Soldaten am vergangen Sonntag das Parlamentsgebäude der Hauptstadt El Salvadors besetzt. Hintergrund ist ein Streit um die Genehmigung von 109 Millionen US-Dollar zur Finanzierung der Sicherheitspolitik. Im Haushalt 2020 ist bereits eine dramatische Steigerung der Ausgaben für innere Sicherheit vorgesehen. Die Abgeordneten verweigern dem Präsidenten bislang jedoch die zusätzlichen Mittel für den Kauf von Schutzwesten, Drohnen und Hubschraubern. Bukele selbst verfügt über keine eigene Mehrheit im Parlament.

Besorgniserregend ist nun, mit welchen Mitteln der Präsident versucht, seinen Willen durchzusetzen. Per Twitter kündigte er am Samstag unter Berufung auf den Paragrafen 167 der Verfassung die Durchführung einer außerordentlichen Parlamentssitzung für Sonntag 15 Uhr an. Die Anwendung dieses Absatzes ist von der Idee her eigentlich zur Bearbeitung besonders dringender Notfälle vorgesehen. Der Wortlaut der Verfassung, „wenn die Interessen der Republik es verlangen“, lässt allerdings Interpretationsspielraum. Bukele ging jedoch noch weiter und rief die Bevölkerung unter Berufung auf Artikel 87 zum Aufstand auf, sollten die Abgeordneten seinen Befehlen nicht nachkommen.

Diese Anweisungen gingen auch an die Mitarbeiter der Verwaltung und Ministerien, die sich allein schon aufgrund der Angst, entlassen zu werden, nur schwer widersetzen können. In der Nacht zum Sonntag statteten dann Polizeipatrouillen Abgeordneten von Oppositionsparteien Drohbesuche ab.

Dem Aufruf zum "Aufstand" folgten am Sonntag dann rund 5.000 Personen. Im Parlamentsgebäude waren die Abgeordneten trotz der aufgebotenen militärischen Bedrohung nicht bereit, den Forderungen Bukeles nachzukommen. In seiner Rede drohte dieser, dass diejenigen, die nicht bereit seien "für das Volk zu arbeiten", ohnehin in wenigen Monaten das Parlament verlassen müssten (Anfang 2021 finden Neuwahlen für das Abgeordnetenhaus statt). Danach gab er den Abgeordneten eine Woche Zeit, um dann, wiederum am Sonntag, in einer außerordentlichen Sitzung seinen Plänen zuzustimmen. "Ich habe Gott gefragt und er hat mir zur Geduld geraten."

Gegenüber diesen politischen Manövern, die laut zahlreichen Kommentaren an längst vergangen geglaubte Zeiten von Diktatur und Militärherrschaft erinnern, regt sich national wie international Widerstand. So kritisierte unter anderem die Zentralamerikanische Universität UCA das autoritäre Vorgehen Bukeles. Saul Baños vom Menschenrechtszentrum FESPAD betont, die Entscheidungen des Staates könnten nicht von den Launen des Präsidenten abhängen.

Organisationen wie die Allianz gegen die Wasserprivatisierung, der Runde Tisch für Ernährungssouveränität, die Koordination El Salvadors der Volksbewegungen (Coordinadora Salvadoreña de Movimientos Populares) und andere verurteilen das Vorgehen des Präsidenten als Attentat auf die Demokratie.

Die linke Partei Nationale Befreiungsfront Farabundo Martí (FMLN) kritisiert das agressive Vorgehen Bukeles scharf und solidarisiert sich mit ihren Abgeordneten. In einer Pressemitteiligung richtet sich die Partei direkt mit der Botschaft an den Präsidenten: "Wir lassen uns weder unter Druck setzen, noch einschüchtern." An die eigene Basis ergeht die Aufforderung, wachsam zu sein und die Interessen der Bevölkerung zu verteidigen.

Die Europäische Union, Human Rights Watch und Amnesty International (Sektion Bundesrepublik Deutschland) zeigen sich in Pressemeldungen besorgt.