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Putsch-Regierung in Bolivien schaltet Telesur ab

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Entel-Schreiben an Telesur
Entel-Schreiben an Telesur

La Paz. Die De-facto-Regierung in Bolivien hat den Empfang des lateinamerikanischen Fernsehsenders Telesur unterbunden. Dies teilte Telesur-Leiterin Patricia Villegas mit.

Zur Begründung habe das staatliche Kabelunternehmen Entel erklärt, das Netz werde derzeit "reorganisiert". Dies sei jedoch vorgeschoben, tatsächlich handle es sich um einen weiteren Fall von Zensur seit dem Putsch gegen Präsident Evo Morales. Zuerst habe es geheißen, es gebe technische Probleme. Telesur werde weiterhin daran festhalten, "die Wahrheit zu berichten", betonte Villegas.

In der vergangenen Woche wurden unabhängige Reporter beschuldigt, den Aufstand gegen die Putsch-Regierung zu fördern und mit Strafverfahren bedroht. "Das Gesetz wird umfassend gegen jene Journalisten oder Pseudo-Journalisten durchgesetzt, die aufrührerisch sind, egal, ob sie Inländer oder Ausländer sind", sagte die von der selbsternannten Präsidentin Jeanine Áñez eingesetzte Kommunikationsministerin Roxana Lizarraga gegenüber der Presse. "Die ausländischen Journalisten, die Aufruhr verursachen, wurden bereits identifiziert und der Inneneminister wird geeignete Maßnahmen ergreifen", so Lizarraga.

Kurz nach ihrem Statement wurden die Kameraleute des argentinischen Fernsehsenders Telefe gezwungen, ihr Hotel in La Paz zu verlassen. Reporter von A24, Cronica TV und TN, die ebenfalls über die Proteste gegen den Putsch berichtet hatten, flüchteten in die Botschaft von Argentinien, um dort Schutz zu suchen.​​​​​​

Telesur berichtet weiter, dass Ultrarechte in Bolivien seit den Wahlen vom 20. Oktober ihre Mitglieder und paramilitärische Gruppen gegen Journalisten einsetzten, die sie als "Verbündete" einer angeblichen internationalen sozialistischen Verschwörung betrachten. Bisher seien über 30 Aktionen gegen Journalisten registriert worden, darunter Einschüchterungen, Online-Belästigungen, Drohungen, körperliche Angriffe und Diebstahl von Arbeitsgeräten. Auch wurden Brandanschläge gegen Radio- und Fernsehstationen durchgeführt, die als "Masistas", das heißt als Anhänger der Bewegung zum Sozialismus (MAS) betrachtet werden.

Wie amerika21-Mitarbeiter feststellen konnten, wurden die staatliche Nachrichtenagentur ABI und die Tageszeitung Cambio (Wandel) ‒ die in Bolivia umbenannt wurde ‒ einen Tag nach dem erzwungenen Rücktritt von Morales von den Putschisten übernommen. Eine Berichterstattung über die Proteste fand nicht mehr statt, die Rede war ausschließlich von "Vandalen" und "Terroristen", die das Land ins Chaos stürzten. Die staatlichen Radio- und TV-Sender Red Patria Nuevo und Bolivia TV sind online nicht mehr verfügbar, ebenso die indigenen Radiostationen Red de Radios de los Pueblos Originarios.

De-facto-Ministerin Lazarra erklärte hierzu: "Wir bauen den Propagandaapparat des diktatorischen Regimes von Evo Morales ab. Die Mas-Mitglieder, die das staatliche Mediensystem missbraucht haben, sind abgezogen worden."