Argentinien / Politik

Linke kehrt zurück: Alberto Fernández wird neuer Präsident von Argentinien

Ein Wahlgang reicht. Macri gesteht Niederlage ein. Erfolg für Linke auch in Provinz Buenos Aires. Wie reagieren die Märkte?

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Alberto Fernández ist zum Präsidenten von Argentinien gewählt worden, Cristina Kirchner wird Vize-Präsidentin
Alberto Fernández ist zum Präsidenten von Argentinien gewählt worden, Cristina Kirchner wird Vize-Präsidentin

Buenos Aires. Alberto Fernández hat die Präsidentschaftswahlen in Argentinien gewonnen. Der Herausforderer des Mitte-Links-Bündnisses "Frente de Todos" (FdT) gewann im gestrigen ersten Wahlgang nach Auszählung von 97,2 Prozent mit 48,1 Prozent der Stimmen gegenüber dem bisherigen Präsidenten Mauricio Macri (Juntos por el Cambio, JC), der 40,4 Prozent erreichte. Auf dem dritten Rang landete Roberto Lavagna (Consenso Federal, 6,2 Prozent). Vierter wurde der sozialistische Kandidat Nicolás del Caño (Frente de Izquierda, 2,2 Prozent). Damit schafft das linke Lager, zu denen auch die zukünftige Vize-Präsidentin und zugleich Vorgängerin von Macri, Cristina Fernández de Kirchner, gehört, nach vier Jahren die Rückkehr in den Präsidentenpalast "Casa Rosada". 

Fernández feierte vor seinen Anhängern in Chacarita in der Hauptstadt Buenos Aires, ausgerechnet am Todestag seines Vorgängers im Präsidentenamt, Néstor Kirchner, dessen Kabinettschef er gewesen war: "Das einzige was jetzt zählt, ist das Leiden der Argentinier zu beenden." Er rief dazu auf, wieder "ein Argentinien der Gleichheit und der Solidarität" zu schaffen. Der unterlegene Macri räumte seine Niederlage ein und gratulierte dem Duo Fernández/Fernández zum Sieg. Bereits ab heute morgen wolle Macri gemeinsam mit Fernández beginnen, eine geordnete Übergabe des Präsidentenamtes einzuleiten.

Schon früh am Tag zeichnete sich eine enorm hohe Wahlbeteiligung ab. Am Ende lag sie bei knapp über 80 Prozent. 33,8 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, Präsident und Vize-Präsident zu wählen. Für den Sieg in der ersten Runde waren entweder mehr als 45 Prozent oder mehr als 40 Prozent der Stimmen mit einem Vorsprung von mindestens zehn Punkten auf den Zweitplatzierten zu erreichen. Außerdem wurden vier Gouverneure, 130 Abgeordnete sowie 24 Senatoren gewählt. Bei den Abgeordneten erreichte FdT rund 45 Prozent, JC etwa 40 Prozent der Stimmen. Bei der Senatswahl war das Ergebnis mit 40 Prozent für FdT und 39 Prozent für JC noch knapper.

Nach diesem Wahlausgang wird es für heute und die kommenden Tage spannend zu beobachten sein, wie die Märkte und damit auch der Kurs des argentinischen Pesos reagieren werden. Die heftige Reaktion der Märkte ob der Rückkehr der Linken an die Macht könnte bereits nach den Vorwahlen im August erfolgt sein. Damals war am Montag nach der Wahl der Wert des US-Dollars um mehr als 30 Prozent auf bis zu 65 Pesos gestiegen. Argentinische Staatsanleihen und Aktien an den internationalen Börsen hatten mit schweren Verlusten zu kämpfen.

Die bisherige Opposition und Finanzexperten mahnten Macri unmittelbar vor der Wahl nochmals zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der sich abzeichnenden Wahlniederlage an. Er müsse nun umgehend Maßnahmen vornehmen, damit von heute an die Kapitalflucht nicht noch größer wird. Allein im September sind nach Zahlen der argentinischen Zentralbank 2,8 Mrd. US-Dollar ins Ausland abgeflossen.

Bestimmendes Thema bei den Wahlen war die schwere Wirtschaftskrise, in der sich Argentinien befindet. Im September betrug die monatliche Inflation 5,9 Prozent, die Jahresinflation im Verhältnis zum September des Vorjahres lag bei 53,5 Prozent. In Argentinien herrscht Nahrungsmittelknappheit, die Armut ist in den Regierungsjahren Macris seit Dezember 2015 stark angestiegen. Zudem ist die starke Abwertung des Peso mit zuletzt erreichten Höchstständen ein immenses Problem.

Auch in verschiedenen Provinzen des Landes konnte "Frente de Todos" wichtige Wahlsiege erringen. Allen voran in der Provinz Buenos Aires, wo die bisherige Gouverneurin María Eugenia Vidal (JC) ihrem Herausforderer, dem früheren Finanzminister Axel Kicillof (FdT), unterlag. Kicillof gewann nach Auszählung von knapp 96 Prozent der Stimmen mit 52,3 Prozent gegenüber Vidal (38,4 Prozent). Damit wird die bedeutendste argentinische Provinz, wie auch das gesamte Land, nach vier Jahren wieder von den Linken regiert werden.

Neben der Provinz Buenos Aires waren auch in Catamarca, La Rioja und in der Hauptstadt Buenos Aires (CABA) die Gouverneursposten neu zu besetzen. In der Hauptstadt gewann Horacio Rodríguez Larreta aus dem Macri-Lager (JC) mit 55,9 Prozent der Stimmen. In Catamarca gewann Raul Jail von FdT (60,4 Prozent), in La Rioja Ricardo Quintela (FdT, 57,8 Prozent).

Auch aus dem Ausland (rund 400.000 Wahlberechtigte) wurde eine sehr hohe Beteiligung an der Präsidentschaftswahl gemeldet. Jedoch soll es dabei in verschiedenen Ländern zu Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe gekommen sein, wie beispielweise in den Auslandsvertretungen in Stockholm oder New York.

Am Tag der Wahl hatte Cristina Kirchner noch die von ihrem Bündnis für die Auszählung gesandten Wahlhelfer daran erinnert, besonders wachsam in den Wahllokalen zu sein und die Auszählung bis zum Ende aufmerksam zu begleiten. Schon seit Längerem war es aus dem Lager der bisherigen Opposition zu Warnungen bezüglich der Verlässlichkeit der bei der Auszählung verwendeten Software Smartmatic gekommen.