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Venezuela: Delegationen von Regierung und Opposition in New York

Regierung Maduro klagt bei UNO US-Sanktionen an und warnt vor Eskalation. Guaidó-Vertreter unterstützen Aktivierung von Militärpakt

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Venezuelas Außenminister Arreaza bei der Eröffnung des UN-Klimagipfels durch Generalsekretär Guterres am Montag
Venezuelas Außenminister Arreaza bei der Eröffnung des UN-Klimagipfels durch Generalsekretär Guterres am Montag

New York. Venezuelas Präsident Nicolás Maduro und der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó haben Vertreter nach New York entsandt, wo die 74. Vollversammlung der Vereinten Nationen eröffnet worden ist. Die Generaldebatten begannen am gestrigen Dienstag und dauern bis zum 30. September.

Für die gewählte Regierung Venezuelas nehmen Vizepräsdidentin Delcy Rodríguez und Außenminister Jorge Arreaza teil. Nach Regierungsangaben werden sie Maßnahmen gegen Klimawandel und Armut einfordern und die Notwendigkeit betonen, eine "multipolare Welt" aufzubauen und den Frieden in Lateinamerika zu stärken. Zudem sollen UN-Generalsekretär Antonio Guterres über 13 Millionen Unterschriften der Kampagne #NoMoreTrump übergeben werden, die sich gegen die Sanktionen und die Einmischung der USA in Venezuela richten.

Guaidó lässt sich in New York von seinem "Botschafter in den USA", Carlos Vecchio, und dem "Beauftragten für Außenbeziehungen", Julio Borges, vertreten. Hinzu kommt der Parlamentsabgeordnete Miguel Pizarro von der Partei Gerechtigkeit Zuerst (Primero Justicia), den er am Sonntag noch zum "UN-Beauftragten" ernannt hatte. Vecchio erklärte, dass Guaidó seine Anwesenheit ebenfalls "in Betracht zieht", obwohl der UN-Generalsekretär ein Treffen mit ihm ausgeschlossen hat. Die Repräsentanten des derzeitigen Oppositionsführers dürfen nicht an der Generalversammlung teilnehmen, treffen sich jedoch am Rande mit Vertretern einiger der 50 Länder, die ihn als "legitimen Präsidenten" anerkennen. Auch eine Zusammenkunft mit der Hohen Kommissarin für Menschenrechte der UNO, Michelle Bachelet ist geplant. Man wolle "den Druck auf die Regierung Maduro erhöhen" und werde weitere Sanktionen fordern, versicherte Borges.

Vertreter Guaidós hatten am Montag am Außenministertreffen der Mitgliedsländer des "Interamerikanischen Vertrages über gegenseitigen Beistand" (Tiar) teilgenommen. Dort beschlossen Argentinien, die Bahamas, Brasilien, Chile, Costa Rica, die Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Haiti, Honduras, Kolumbien, Panama, Paraguay, Peru und die USA formell, den Vertrag in Kraft zu setzen. Uruguay stimmte dagegen, Trinidad und Tobago enthielt sich. Das Treffen unter Vorsitz Kolumbiens kam überein, hochrangige Funktionäre der Regierung Maduro, "die an illegalen Aktivitäten der Geldwäsche, des Drogenhandels, des Terrorismus und seiner Finanzierung beteiligt und mit transnationalen Netzwerken der organisierten Kriminalität verbunden sind", zu identifizieren und festzusetzen sowie ihre Vermögenswerte einzufrieren. Zudem wurde vereinbart, die Zusammenarbeit der Behörden für Finanzkontrolle und Sicherheit der Unterzeichnerländer zu verstärken.

Begründet wurde die Inkraftsetzung damit, dass die "humanitären Krise" in Venezuela den Frieden und die Sicherheit des Kontinents bedrohe. Zudem sei das Land mit "Billigung der illegitimen Regierung zum Rückzugsort illegaler bewaffneter und terroristischer Gruppen" geworden.

Venezuelas Außenminister Arreaza verurteilte den Beschluss scharf. Einige Regierungen der Region spielten eine unterwürfige Rolle gegenüber den USA und würden nun "angesichts des Scheiterns, Venezuela politisch und wirtschaftlich zu isolieren", ihre Territorien für einen Angriff zur Verfügung stellen. Mit der Verlagerung auf die militärische Ebene bedrohten sie den Frieden und die Sicherheit Venezuelas und der Region. Man habe Beweise, dass sowohl das Militär als auch Paramilitärs in Kolumbien Trainingslager hätten, um sich auf Angriffe gegen vorzubereiten, so Arreaza. Präsident Maduro hatte in letzter Zeit Kolumbiens Regierung mehrfach vorgeworfen, eine militärische Auseinandersetzung provozieren zu wollen.

Dem Tiar-Bündnis gehören die USA und 15 lateinamerikanische Staaten an. Venezuela war 2012 aus dem Pakt ausgestiegen, der im Fall einer äußeren Bedrohung eines Mitglieds den Verteidigungsfall vorsieht. Im Juli dieses Jahres hatte das oppositionell dominierte Parlament Venezuelas den erneuten Beitritt des Landes beschlossen, um eine Möglichkeit für eine Militärintervention der USA und ihrer Verbündeten zu schaffen (Amerika21 berichtete).

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte das Tiar-Aktivierungsverfahren Anfang September in Gang gesetzt, nachdem zwölf Mitgliedsländer eine Resolution Kolumbiens verabschiedet hatten, mit der Venezuela als "klare Bedrohung des Friedens und der Sicherheit in der Region" eingestuft wurde. Ebenso wie die USA bezeichnete Kolumbiens Regierung Militärmanöver der venezolanischen Streitkräfte an der Grenze als "kriegerische Aktivitäten" und behauptete eine "Präsenz illegaler bewaffneter Gruppen und terroristischer Organisationen" in Venezuela.

Der Außenminister von Uruguay, Rodolfo Nin Novoa, hat unterdessen am Dienstag den Rückzug des Landes aus dem Militärbündnis bekanntgegeben: "Wir haben uns aus dem Vertrag zurückgezogen, weil er veraltet und ungeeignet ist und weil er unsachgemäß benutzt wird". Der Beschluss vom Montag  sei eine Strategie, die nur darauf abziele, eine bewaffnete Intervention in Venezuela zu legitimieren, warnte er.

Die in der Lima-Gruppe zusammengeschlossenen rechten Regierungen Lateinamerikas und von Kanada trafen sich ebenfalls am Rande der Generalversammlung am Montag. Sie drohten mit weiteren Sanktionen gegen Venezuela, unterstützten aber militärische Aktionen nicht.