Venezuela / Politik

Überraschende Bewegung innerhalb der Opposition von Venezuela

Juan Guaidó erklärt Dialog-Format von Oslo für beendet. Regierung erzielt mit Teilen der Opposition erste Übereinkünfte

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Regierungs-und Oppositionsvertreter bei ihrem Treffen am Montag
Regierungs-und Oppositionsvertreter bei ihrem Treffen am Montag

Caracas. Nur Stunden nach der Absage weiterer Gespräche mit der Regierung durch den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó hat der Kommunikationsminister des Kabinetts von Präsident Nicolás Maduro, Jorge Rodríguez, ein erstes Abkommen mit oppositionellen Kräften des Landes bekannt gegeben.

Am Sonntag hatte Guaidó erklärt, dass er den Dialog mit der Regierung Maduro unter der Schirmherrschaft Norwegens nicht weiterführen werde. Guaidó steht dem entmachteten Parlament vor und wird von mehr als 50 Länder als Interimspräsidenten anerkannt. Nachdem die Regierung den Verhandlungstisch "vor mehr als 40 Tagen" verlassen habe, "bestätigen wir, dass der Mechanismus von Barbados sich erschöpft hat", so der Oppositionspolitiker in einer Kommuniqué. Auf die Karibikinsel Barbados waren die Gespräche nach ersten Begegnungen in Norwegens Hauptstadt Oslo verlegt worden. Die Regierungsdelegation hatte die Gespräche aus Protest gegen die Zustimmung des Guaidó-Lagers zur Verschärfung der US-Wirtschafts- und Finanzblockade ausgesetzt. Später belasteten Mutmaßungen über Pläne der Opposition in einem schwelenden Territorialkonflikt mit Guyana, die von Venezuela beanspruchte Esequibo-Region an transnationale Unternehmen übergeben zu wollen, eine Wiederaufnahme der Verhandlungen.

Guaidó hingegen erklärte, sein "Vorschlag" bei den Gesprächen in Barbados sei der wahre Grund für den Rückzug der Regierung vom Verhandlungstisch gewesen. Er habe einen Übergangsregierungsrat aus Vertretern der politischen Lager und Militärs angestrebt, für den es eine Verfassungsgrundlage gebe. Innerhalb von neun Monaten sollten "freie Präsidentschaftswahlen unter internationaler Beobachtung" durchgeführt und staatliche Organe neu besetzt werden. Maduro und er selbst wären dann von ihren Posten zurückgetreten.

Nun stellt die erste Vereinbarung zwischen Regierung und anderen Teilen der Opposition einen bemerkenswerten Kontrast zur Agenda der Guaidó-Allianz dar, die zunehmend als eine reine Funktion der US-Außenpolitik erscheint. Allerdings handelt es sich bei den gesprächsbereiten Kräften um kleinere Parteien und Bündnisse. Dazu gehört auch Avanzada Progresista von Henry Falcón, der bei den Präsidentschaftswahlen 2018 gegen den amtierenden Präsidenten Maduro antrat und gut 21 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinte. Falcón widersetzte sich damit bereits damals der Boykott-Strategie anderer Oppositionsparteien. Die "großen vier" Oppositionsparteien - Primero Justicia, Acción Democrática, Un Nuevo Tiempo und Voluntad Popular - sind bei den neuen Gesprächen nicht dabei.

Die als "Vor-Abkommen" bezeichnete Übereinkunft beinhaltet ersten Berichten nach sechs Punkte:

- Die Abgeordneten der regierenden Vereinten sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) sollen in die Nationalversammlung zurückkehren. Diese hatten sie verlassen, nachdem das Oberste Gericht des Landes Beschlüsse des Parlaments als "nichtig" erklärt hatte, solange sein "irregulärer Status" anhalte.

- Vor den nächsten Wahlen soll der Wahlrat (CNE) neu besetzt werden.

- Die Justiz soll aufgefordert werden, einige Strafen von im Zuge des inneren Konflikts Verurteilten zu überprüfen.

- Die Verhandlungspartner bekräftigen gemeinsam den Anspruch auf die mit Guyana strittige Esequibo-Region für Venezuela.

- Die Verhandlungspartner verurteilen einmütig die US-Sanktionen gegenüber ihrem Land.

- Ein Vorschlag für ein Programm "Öl gegen Nahrungsmittel und Medikamente" soll ausgearbeitet werden.

Neben Falcón gehören zu den Unterzeichnern Timoteo Zambrano von der Partei Cambiemos und Claudio Fermín von der Partei Soluciones para Venezuela sowie drei Mitglieder des kleinen Bündnisses Concertación por el Cambio, das in der Nationalversammlung acht Sitze hat. Die Mitte-links-Partei Bewegung zum Sozialismus (MAS), die offenbar auch zu den Unterzeichnern zählt, ist im Parlament nicht vertreten.

Vertreter rechter Parteien, die Mitglieder von Guaidós Bündnis "Breite Front Freies Venezuela" (Frente Amplio Venezuela Libre) sind, wiesen bei einer Pressekonferenz das zwischen der Regierung und "einer falschen Opposition" unterzeichnete Abkommen zurück. Es solle nur "die Bürger verwirren und der Diktatur Luft verschaffen". Das Treffen zwischen den Regierungsrepräsentanten und einer "Gruppe von Kollaborateuren" sei eine "Show" gewesen. Guaidó selbst kritisierte die Unterzeichnung des Abkommens durch Oppositionsvertreter als "unverantwortlich und sadistisch". Er verwies auf den Vorschlag, den seine Delegierten in Barbados angeblich unterbreitet hatten, "um den Notstand anzugehen, Stabilität und Regierungsfähigkeit zu erreichen".