Guatemala: Sieg über Privatisierungspläne nach Besetzung staatlicher Universität

Studierende der staatlichen Universität erreichen Rücknahme der Gebührenerhöhungen. Weitere Forderungen durchgesetzt

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Seit mehreren Wochen war die San Carlos-Universität in Quetzaltenango besetzt, nun haben die Studierenden den Streik  beendet, nachdem einige ihrer Forderungen erfüllt wurden
Seit mehreren Wochen war die San Carlos-Universität in Quetzaltenango besetzt, nun haben die Studierenden den Streik beendet, nachdem einige ihrer Forderungen erfüllt wurden

Quetzaltenango. Studierende der staatlichen San Carlos-Universität (Universidad de San Carlos de Guatemala, Usac) haben nach Monaten des Protests in der vergangenen Woche die Einrichtung wieder für den normalen Betrieb freigegeben. Den zentralen Campus der Universität in der Hauptstadt Guatemala-Stadt hatten sie schon am 30. August übergeben. Die anderen Außenstellen folgten in diesen Tagen, so dass mittlerweile alle staatlichen Universitäten den normalen Betrieb wieder aufgenommen haben.

Die über einen Monat andauernden Besetzungen hatten am 29. Juli begonnen, nachdem die Universitätsleitung eine drastische Erhöhung der Gebühren unter anderem für Examen und Vorbereitungskurse beschlossen hatte. Studierende sahen darin die drohende Privatisierung einer der letzten Institutionen in Guatemala, in denen kostenlose Bildung auf hohem Niveau angeboten wird. Neben der Rücknahme der Gebührenerhöhungen erhoben sie weitere Forderungen, über 18 Punkte sind jetzt mit der Universitätsleitung Übereinstimmungen erreicht worden.

In Punkt 1 des Abkommens verpflichtet sich die Leitung, auf repressive Maßnahmen gegen Teilnehmer der Besetzungen zu verzichten, will aber gleichzeitig nicht ausschließen, "dass es zu unfairen oder rachsüchtigen Maßnahmen von Seiten einzelner Professoren und Lehrkräfte kommen könnte."

Zur Frage der Reduzierung der Finanzierung der Universitäten hatten die Studierenden gefordert, dass die Leitung "mit Nachdruck" die fünf Prozent des Staatshaushaltes einfordern muss, die der Universität gemäß Verfassung zusteht, "ohne die Usac für weitere Staatsverschuldung zu instrumentalisieren".

Bezüglich der Aufnahme von Krediten bei der Zentralamerikanischen Bank für wirtschaftliche Integration, vom Kongress als Alternative zur Finanzierung durch den Staatshaushalt ins Spiel gebracht, hatten die Studierenden klar "die Ablehnung des Darlehens in Höhe von 120 Millionen US-Dollar" verlangt und "die Nicht-Instrumentalisierung der Usac für den Erwerb von Krediten von mehreren Millionen US-Dollar bei internen und externen Stellen, die öffentliche Schulden erzeugen" gefordert. In der Vereinbarung hieß es in Punkt 12 nun aber lediglich "dass die Mittel dieses vom Kongress genehmigten Darlehens gerecht zwischen den verschiedenen Universitätszentren verwaltet werden".

Zum Thema Sicherheit wurde mit der Entlassung des Sicherheitschefs der Universität, Alejandro Morfin, eine Forderung der Studierenden erreicht. Er war für das gewaltsame Vorgehen gegen Protestierende im Mai dieses Jahres verantwortlich gemacht worden.

Auch eine Vereinbarung mit der Industriekammer, nach dem Praktika nunmehr in privaten und nicht mehr in öffentlichen Einrichtungen absolviert werden sollen, war von den Studierenden heftig kritisiert worden und war einer der Gründe für die Besetzungen gewesen.

Neben den Punkten auf nationaler Ebene, über die zentral verhandelt wurde, haben die einzelnen Außenstellen mit der Universitätsleitung lokale Abkommen ausgehandelt. Für Quetzaltenango sehen diese unter anderem die Eröffnung eines Frauenbüros und stärkere Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung im Uni-Alltag, die Schaffung einer Stelle, die den multinationalen Charakter Guatemalas, die verschiedenen Sprachen und Kulturen stärker in die Unterrichtspläne einbezieht sowie die Eröffnung neuer Studiengänge vor.

Ein Mitglied des Colectivo Estudiantil Cunoc, die anonym bleiben wollte, erklärte am vergangenen Montag im Gespräch mit Amerika 21, sie sei zunächst froh, dass die Besetzung nach 33 Tagen zu Ende ist: "Wir konnten viele Punkte erfolgreich durchsetzen, es gab keine Repression und keine Toten auf unserer Seite. Trotzdem müssen wir jetzt abwarten, was die Universitätsleitung wirklich umsetzt". Auch die politische Lage sieht sie skeptisch. "Der neue Präsident Alejandro Giammattei gehört zur extremen Rechten und ist ein Neoliberaler wie aus dem Bilderbuch, natürlich wird er weiter privatisieren und den Autonomiestatus des Usac angreifen wollen. Aber wir sind gut vorbereitet, unsere Strukturen sind viel besser als vor der Besetzung, wir können jederzeit weitermachen", so die Studentin, die sich während der Besetzung nahezu durchgängig in der Universität aufgehalten hatte.