Gericht in Brasilien lehnt erneut Habeas-Corpus-Antrag von Lulas Verteidigung ab

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Lula da Silva und seine Ehefrau Marisa Leticia bei einer Veranstaltung im Jahr 2016. Staatsanwälte verhöhnten die Erkrankte und verspotteten Lulas Trauer nach ihrem Tod
Lula da Silva und seine Ehefrau Marisa Leticia bei einer Veranstaltung im Jahr 2016. Staatsanwälte verhöhnten die Erkrankte und verspotteten Lulas Trauer nach ihrem Tod

Brasília. Die zweite Kammer des Obersten Bundesgerichts von Brasilien hat ein weiteres Gesuch auf "Freilassung aus widerrechtlicher Haft" (Habeas Corpus) von Luiz Inácio "Lula" da Silva abgelehnt. Dies gab der vorsitzende Richter Edson Fachin bekannt.

Die Anwälte Lulas hatten nach den jüngsten Leaks von Chatprotokollen führender staatlicher Juristen den Antrag gestellt. Zur Begründung führten sie aus, die Chats belegten, dass die Mitglieder der staatsanwaltschaftlichen Arbeitsgruppe im Korruptionsfall Lava Jato "durch Hass" auf ihren Mandanten motiviert und somit voreingenommen waren und widerrechtlich gehandelt hätten. Sie forderten zudem die Suspendierung der an den Gesprächen Beteiligten.

Die von The Intercept Brasil und der Internetplattform UOL veröffentlichten Protokolle zeigen auf, wie sich die Staatsanwälte über mehrere Todesfälle in der Familie des Ex-Präsidenten lustig machen.

Der erste Austausch in der Gruppe über den Messaging-Dienst Telegram erfolgte, nachdem die Ehefrau Lulas im Januar 2017 einen Schlaganfall erlitt. Einer von ihnen merkte an, er habe gehört, "sie sei nicht mehr ansprechbar, wie Gemüse". "So schaffen sie die Zeugen beiseite", kommentierte er. Als zehn Tage später der Tod von Marisa Letícia Lula da Silva bestätigt wurde, merkte Staatsanwältin Laura Tessler an: "Wer an der nächsten Gerichtsverhandlung teilnimmt, sollte eine gehörige Dosis Geduld mitbringen." Es sei zu erwarten, dass Lula "sich als Opfer inszeniert".

In einem immer aggressiveren Ton kommentierten die Juristen die Trauer des Politikers nach dem Tod seines Bruders Ende Dezember 2018 und seines Enkels Arthur im vergangenen März. "Er wird darum bitten, zur Beerdigung gehen zu können. In diesem Fall wird es einen riesigen Tumult geben", spekuliert einer der Chat-Teilnehmer in Anerkennung der großen Unterstützung, die der linksgerichtete Politiker genießt. Andere sprechen sich dafür aus, ihm die Teilnahme an der Beerdigung seines Bruders zu erlauben. Dennoch konnte Lula seinen Bruder nicht beerdigen, weil die Erlaubnis des Obersten Gerichts zu spät kam. Danach schrieb Staatsanwalt Januario Paludo: "Das Schlitzohr wollte ohnehin nur mal spazieren gehen."

Als sein siebenjähriger Enkel an Meningitis starb, konnte Lula an der Beerdigung teilnehmen. Die Kommentare dazu: "Ugh, mach dich bereit für eine neue Schmierenkomödie bei der Totenwache." "Und das mitten im Karneval", so ein anderes Gruppenmitglied.

Später kommentieren die Staatsanwälte eine Nachricht, in der berichtet wird, wie Lula im Gespräch mit einem Minister weinte. Dies sei eine "Strategie, sich menschlich zu präsentieren", heißt es in einer Nachricht. Und weiter: "Als ob das in seinem Fall überhaupt noch möglich wäre", so Staatsanwalt Roberson Pozzobon zu seinem Kollegen Deltan Dallagnol.

The Intercept hatte vor einigen Wochen erst brisante Informationen über den amtierenden Justizminister Sérgio Moro veröffentlicht. Moro hatte als Ermittlungsrichter Staatsanwälten von seinem Handy aus wiederholt Ratschläge, Kritik und Tipps zukommen lassen, um die Untersuchungen im Fall "Lava Jato" und insbesondere die Verurteilung Lulas voranzutreiben.