Brasilien / Politik

Brasilien: Abgeordnete stimmen ein weiteres Mal umstrittener Rentenreform zu

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Die Abgeordnetenkammer in Brasilien hat in einer zweiten Abstimmungsrunde für die Rentenreform gestimmt
Die Abgeordnetenkammer in Brasilien hat in einer zweiten Abstimmungsrunde für die Rentenreform gestimmt

Brasília. In einer zweiten Abstimmung hat die brasilianische Abgeordnetenkammer mehrheitlich für eine Rentenreform gestimmt. Diese sieht vor, den Eintritt in das Rentenalter in den nächsten zehn Jahren zu erhöhen und damit rund 251 Milliarden Dollar einzusparen. Das Vorhaben wird von Gewerkschaften, sozialen Organisationen und Oppositionsparteien scharf kritisiert.

Für die Reform stimmten 370 Abgeordnete bei 124 Gegenstimmen. Damit der Vorschlag des neoliberalen Wirtschaftsteams um Präsident Jair Bolsonaro angenommen werden konnte, war eine Drei-Fünftel-Mehrheit (308 Stimmen) erforderlich, um eine dafür notwendige Verfassungsänderung möglich zu machen. In einer ersten Abstimmung am 10. Juli stimmten 379 Abgeordnete dafür, 131 dagegen.

Die Reform sieht ein Mindestalter für den Eintritt in den Ruhestand, das in Brasilien bisher nicht vorgeschrieben war, von 62 Jahren für Frauen und 65 Jahren für Männer vor. Für diejenigen, die noch arbeitstätig sind und sich kurz vor dem Rentenalter befinden, soll es Übergangsregelungen geben.

Während sich die Abgeordneten berieten und abstimmten, protestierten Gewerkschaften und sozialen Bewegungen, unter anderem in Brasília und der Paulista Avenue in São Paulo, dem Finanzzentrum des Landes.

In der mehr als sechsstündigen Abstimmung versuchte die Opposition erfolglos, die Entscheidung durch Anträge immer wieder zu verschieben, was allerdings von der Mehrheit der Kongressabgeordneten immer wieder abgelehnt wurde.

Besonders die Präsidentin der Frauenvereinigung Brasiliens, Gláucia Morelli, zeigt sich über die Reform sehr besorgt. Gegenüber der Zeitung Brasil de Fato sagte sie: "Wann immer sie etwas verändern wollen, insbesondere in der Wirtschaft, spielen sie härter gegen Frauen. Wir müssen unseren Kindern eine Zukunft hinterlassen, und auf dem Arbeitsmarkt haben wir bereits eine Menge ungleicher Situationen erlebt. Wir haben hart gegen Temers [Bolsonaros Vorgänger] Reformvorschlag gekämpft, und wir haben gesiegt, weil wir wussten, dass es darum geht, den Frauen noch mehr Rechte abzunehmen. Und jetzt kämpfen wir viel mehr gegen diese Reform, weil sie noch perverser ist."