Argentinien / Politik

Kandidatenduos für Präsidentschaftswahlen in Argentinien stehen fest

Vorwahlen am 11. August. Ehemalige Präsidentin tritt als Vize-Kandidatin mit Namensvetter Alberto Fernández an. Favoritenstellung gegenüber Macri

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Chancen auf eine mögliche Stichwahl werden nur den Duos Alberto Fernández ‒ Cristina Fernández de Kirchner und Mauricio Macri ‒ Miguel Ángel Pichetto eingeräumt (Kollage Amerika21)
Chancen auf eine mögliche Stichwahl werden nur den Duos Alberto Fernández ‒ Cristina Fernández de Kirchner und Mauricio Macri ‒ Miguel Ángel Pichetto eingeräumt (Kollage Amerika21)

Buenos Aires. Der Wahlkampf für die Präsidentschaftswahlen im Oktober in Argentinien kann nach der Festlegung der Kandidaten und Listenplätze nun in die entscheidende Phase gehen. Acht Kandidatenpaare (Präsident und Vize-Präsident) treten bei der im August stattfindenden Vorwahl an. Chancen auf eine mögliche Stichwahl im Dezember werden aber einzig den Duos Mauricio Macri ‒ Miguel Ángel Pichetto und Alberto Fernández ‒ Cristina Fernández de Kirchner eingeräumt. Bei den gesetzlich vorgeschriebenen "Primarias Abiertas Simultáneas Obligatorias" (Paso)" bestimmen die Wähler die Kandidatengruppen.

Im Zuge des ersten Wahlgangs am 27. Oktober werden Präsident und Vize-Präsident, 130 Abgeordnete, 24 Senatoren sowie Gouverneure in den Provinzen Buenos Aires, La Rioja, Catamarca und in der Hauptstadt gewählt.

Die Wahlen werden unter dem Eindruck der anhaltenden schweren Wirtschaftskrise stehen. Seit den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2015 hat sich diese noch weiter verschärft. Nun haben sich die Lager, die vor vier Jahren noch in ein Kirchner-Lager (mit dem Kandidaten Daniel Scioli) und mehrere Anti-Kirchner-Lager (Macri, Sergio Massa) aufgeteilt waren, in Teilen neu geordnet. So hat Massa eine erneute eigene Kandidatur vor wenigen Wochen überraschend und öffentlichkeitswirksam zurückgezogen und ist zum Duo Fernández-Fernández gewechselt. Derweil tritt der amtierende Präsident Macri nicht mehr mit seiner bisherigen Vize-Präsidentin Gabriela Michetti an, sondern konnte mit Miguel Ángel Pichetto einen Mann für diesen Posten gewinnen, der vor kurzem noch das Kirchner-Lager im Senat angeführt hat.

Die nur marginale Änderung des Namens des Regierungsbündnisses von "Cambiemos" (Verändern wir) in "Juntos por el Cambio" (Gemeinsam für den Wechsel) macht deutlich, dass Macri noch immer darauf setzt, dass die Wähler für die wirtschaftlichen Probleme des Landes nach wie vor seine Vorgängerin verantwortlich machen. Das Bündnis des Präsidenten setzt auf die gleichen Themen wie 2015: Armut, Inflation, Korruption, Sicherheit und internationale Integration. Dabei soll ihm Pichetto helfen, der in den vergangenen Jahren, obwohl noch nicht offiziell übergelaufen, Macri bereits einige politische Gefallen getan hatte – unter anderem mit seiner Unterstützung der von heftigen Protesten begleiteten Rentenreform im Senat.

Jedoch versucht nicht nur das Regierungsbündnis die alten Strukturen etwas aufzubrechen, sondern auch die Mitte-links Herausforderer. Zunächst hatte vor einigen Wochen die Bekanntgabe überrascht, dass Ex-Präsidentin Kirchner (2007-2015) nicht, wie von Vielen erwartet, eine neue Präsidentschaft anstrebt, sondern nun als Vize ihres ehemaligen Kabinettschef Alberto Fernández antritt.

Der Name ihres Bündnisses "Frente de todos" (Bündnis von Allen) zeigt die Verbrüderung zuletzt sich nicht immer einiger politischer Strömungen. Maximo Kirchner, Sohn von Cristina Kirchner, und Anführer der weit links stehenden und dem Kirchnerismus verschriebenen Bewegung "La Cámpora", hat ebenso einen Listenplatz bekommen wie Sergio Massa. Den ehemaligen Bürgermeister von Tigre und Präsidentschaftskandidaten bei den vergangenen Wahlen, der eigentlich dieses Jahr erneut kandidieren wollte, für die "Frente de todos" gewonnen zu haben, kann als "gelungener Coup" bezeichnet werden. Beobachter sehen darin den möglicherweise entscheidenden Mosaikstein für eine Rückkehr der Linken in den Präsidentenpalast: Er könnte zwischen neun und zwölf Prozentpunkte bringen.

"Alle Seiten hatten etwas aufzugeben", erklärte Alberto Fernández bezüglich Massa. "Was wir aber niemals aufgeben werden, ist unsere Identität, und das muss auch Sergio Massa nicht machen. Wir haben uns in der Diversität vereint, nicht, um uns gleichzumachen". Alberto Fernández selbst hatte sich nach der "Krise der Landwirtschaft" 2008 vom Kirchnerismus losgesagt und dann mit Massa verbündet. Nun treten sie gemeinsam mit der Ex-Präsidentin an.

Bei den Vorwahlen am 11. August stehen noch sechs weitere Duos zur Wahl. 1,5 Prozent der Stimmen müssen dabei erreicht werden, um für die eigentliche Wahl im Oktober zugelassen zu werden. Die Regierung hatte zuletzt versucht, die Vorwahlen noch abzusagen, um einen möglichen für sie negativen Stimmungstest zu verhindern. Dies scheint nun aber vom Tisch.

Der ehemalige Wirtschaftsminister während der Staatskrise im Jahr 2002, Roberto Lavagna, tritt mit dem Gouverneur von Salta, Juan Manuel Urtubey, an. Ihnen werden keine wirklichen Chancen eingeräumt. Ein dritter Platz wird aber erwartet. Damit könnten sie das Zünglein an der Waage für die entscheidende Runde werden.

Die Sozialisten und Arbeiterparteien sind mit dem Duo Nicolás del Caño ‒ Romina del Plá vertreten. Del Caño trat bereits 2015 an und erreichte damals knapp über drei Prozent.

José Luis Espert (mit Luis Rosales) vertritt mit dem Bündnis "Frente Despertar" neoliberale Werte, Alejandro Biondini (mit Enrique Venturino) steht für einen ultrarechten Nationalismus.

Die einzige weibliche Kandidatin wird Manuela Castañeira (mit Eduardo Mulhall) sein. Sie steht unter anderem für die Bewegung der Befürworterinnen der Aufhebung des Abtreibungsverbots und bezeichnet sich selbst als "Feministin und Sozialistin". Sie setzt sich außerdem für ein Ende der Geschlechtergewalt ("Ni una menos") ein.

Umfragen sehen momentan Fernández-Fernández knapp über zehn Prozentpunkte vor Macri-Pichetto.