Zentralbank von Venezuela veröffentlicht erstmals nach Jahren Wirtschaftszahlen

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Die Zentralbank Venezuelas hat erstmals seit mehr als 3 Jahren wieder umfassende Wirtschaftszahlen veröffentlicht
Die Zentralbank Venezuelas hat erstmals seit mehr als 3 Jahren wieder umfassende Wirtschaftszahlen veröffentlicht

Caracas. Die venezolanische Zentralbank (BCV) hat erstmals seit mehr als drei Jahren wieder umfassende Wirtschaftsstatistiken veröffentlicht. Darunter finden sich unter anderem Zahlen zu Bruttoinlandsprodukt, Inflation, Zahlungsbilanz und Auslandsschulden sowie zu Im- und Exporten.

Laut den nun bekanntgegebenen Daten ist das Bruttoinlandsprodukt des Landes in den letzten fünf Jahren kontinuierlich geschrumpft und lag im dritten Quartal 2018 knapp 53 Prozent niedriger als noch 2013. Im gleichen Zeitraum fielen die Erlöse aus dem Export im Erdölsektor um 62 Prozent auf rund 34 Milliarden US-Dollar. Infolge der fallenden Erdöleinnahmen sanken auch die Importe von Gütern um 86 Prozent, was einen Teil der Knappheit und Verteuerung medizinischer sowie Güter des täglichen Bedarfs erklärt. Die Inflation lag laut der Zentralbank im Jahr 2018 bei 130.060 Prozent. Die monatliche Inflation betrug im Januar 2019 über 196 Prozent, nachdem sie im Dezember 2017 zum ersten Mal über 50 Prozent stieg. Dieser Grenzwert gilt vielen Ökonomen als Beginn einer Hyperinflation. Für März (34,8) und April (33,8) vermeldet die BCV erstmals seit langem Werte unterhalb von 50 Prozent.

Der venezolanische Ökonom Víctor Álvarez, ehemaliger Minister für Grundstoffindustrie und Bergbau in der Regierung von Hugo Chávez, sieht die Veröffentlichung der Zahlen in Zusammenhang mit der Geldnot der Regierung. So habe der Internationale Währungsfonds (IWF) im Jahr 2018 damit gedroht, Venezuela die Schuldenaufnahme zu verbieten, wenn es weiterhin keine Wirtschaftsdaten veröffentlichen würde. Auch die zukünftigen Investitionen der strategischen Partner der Regierung bräuchten eine realistische Grundlage zur Bewertung der wirtschaftlichen Lage, so Álvarez weiter.

Auch wenn es Diskussionen um die Richtigkeit der Zahlen gibt, zeigen sie das Ausmaß der wirtschaftlichen Krise des Landes. Bislang wurden die Debatten über Probleme und den Zustand der Wirtschaft auf der Grundlage von Schätzungen ausländischer Organisationen und der oppositionell dominierten Nationalversammlung geführt. Die venezolanische Regierung verurteilte die Zahlen deshalb oft als politisch motiviert, legte aber keine eigenen Zahlen vor. Kontrovers diskutiert werden vor allem die Ursachen der Probleme. Dabei reichen die Erklärungsansätze vom Wirtschaftskrieg, der von in- und ausländischen Gegnern der "Bolivarischen Revolution" geführt werde, über die Bereicherung durch eine neu entstandene "Boli-Bourgeoisie" im Regierungslager bis hin zu einer grundsätzlich verfehlten Wirtschaftspolitik mit falschen Methoden und Anreizen.