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Regierung Bolsonaro plant Kürzung von 30 Prozent für Universitäten in Brasilien

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Universitäten sehen die Lehre gefährdet. Hier die Universität São Paulo
Universitäten sehen die Lehre gefährdet. Hier die Universität São Paulo

Brasília. Das brasilianische Bildungsministeriums hat angekündigt, die Ausgaben für Bundesuniversitäten um 30 Prozent zu reduzieren. Mehrere Institutionen im ganzen Land äußerten sich besorgt und erklärten, dass die Kürzungen die Lehre beeinträchtigen werden. Besonders betroffen sollen mittelfristig die Sozialwissenschaften sein. Kritiker werten das Vorhaben als Angriff auf die Autonomie der Universitäten.

Laut Bildungsministerium würden die Kürzungen aufgrund eines niedrigen Haushaltsbudgets vorgenommen. Sie könnten jedoch erneut bewertet werden, "wenn die Rentenreform genehmigt wird und die Prognosen für eine Verbesserung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte bestätigt werden", so die Mitteilung des Ministeriums.

Ursprünglich waren die Kürzungen nur für drei Universitäten vorhergesehen: Die Bundesuniversität von Bahia (UFBA), die Universität des Bundesstaates Rio de Janeiro (UFF) und die Universität von Brasília (UnB), die laut Bildungsminister Abraham Weintraub “Unfug” verbreiten. Dieser erkärte weiter, Investitionen der Fakultäten für Philosophie und Soziologie zu kürzen. Brasiliens ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro unterstützte das Vorhaben mit dem Argument, "sich auf Bereiche zu konzentrieren, die dem Steuerzahler unmittelbare Erträge bringen, wie zum Beispiel Medizin".

Die Kürzungen der Ausgaben für Universitäten wurden von Spezialisten als verfassungswidrig eingestuft, da das Prinzip der Universitätsautonomie verletzt würde. "In der Didaktik, aber auch in der Vermögens- und Finanzverwaltung sind Universitäten autonom. Der Minister will alleine entscheiden, was ein Maßstab für Universitäten sein sollte. Doch die Autonomie existiert eben, damit sie den Regierenden nicht ausgeliefert sind”, sagte die Jura-Dozentin der Universität von São Paulo (USP), Rina Nanieri, gegenüber der Tageszeitung Folha de São Paulo.

Die Bundesuniversität von São Paulo (Unifesp) kündigte in einer Mitteilung an, dass Rechnungen an Dritte dann nicht mehr beglichen werden könnten, wie zum Beispiel für Wasser, Gas, Reinigungsdienstleistungen und Materialbeschaffung. Die Bundesuniversität von Alagoas (Ufal) gab an, dass sie 39 Millionen Reais (8,8 Millionen Euro) weniger erhalten und dieses Geld fehlen würde bei der Schulung der Angestellten, in der Tierklinik und im Bereich der technischen Kunsthochschule. Das Bundesinstitut von Santa Catarina (IFSC) berichtete, dass sie von einer Kürzung von 23,5 Millionen Reais (5,3 Millionen Euro) betroffen sein werde, "was dazu führt, dass die Institution ab dem zweiten Semester einige Aktivitäten einstellen muss, die für die Bildung unerlässlich sind”. Eduardo Madureira, Rektor der Bundesuniversität von Goiás (UFG), sagte in einem Interview, dass das Budget schon jetzt nicht ausreiche und dass eine Kürzung von 30 Prozent "das Funktionieren der Universität absolut unmöglich macht".

Am Montag formierten sich erste Studierendenproteste gegen die Haushaltskürzungen vor einer Militärschule in Rio de Janeiro, als Bolsonaro dort an einer Feierlichkeit teilnahm. Bei der Veranstaltung teilte der Präsident sein Vorhaben mit, eine weitere Militärakademie in São Paulo bauen zu lassen.

Die Nationale Verband der Studierenden (UNE) veröffentlichte einen Beitrag mit dem Titel "Bolsonaro und Weintraub: Feinde der Bildung". Laut der Organisation handele es sich bei den Kürzungen um "Verfolgung und Vergeltung". "Gerade weil es Universitäten sind, an denen Studierende, Lehrende und Arbeiter eine politische Debatte führen, bei der sie Meinungen gegen die Regierung kundtun", heißt es in dem Text.

Auch der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Partei Sozialismus und Freiheit (PSOL), Guilherme Boulos, äußerte sich in der Wochenzeitschrift "Carta Capital" äußerst kritisch bezüglich der geplanten Kürzungen, insbesondere in den Fakultäten Philosophie und Soziologie. Boulos zufolge seien dies Studierende, die meist keine elitäre Herkunft haben und häufig die ersten der Familie seien, die studierten. “Es handelt sich um eine unbestreitbare Abneigung gegen kritisches Denken. Bildung, die auf das Leben vorbereitet und Bürgerrechte fördert, wird mit Angst betrachtet. Deshalb möchten sie, dass die Universität nur für eine "intellektuelle Elite" reserviert ist und der Rest nur lesen, schreiben und rechnen kann”, so Boulos.