San Salvador. Laut der Polizeistatistik für das erste Quartal 2019 ist die Anzahl der Frauenmorde in El Salvador zurückgegangen. Vom 1. Januar bis zum 9. April des laufenden Jahres wurden 76 Morde an Frauen registriert. Insgesamt wurden im Zeitraum bei gut 7,3 Millionen Einwohnern 787 Morde verübt.
Die Behörden feiern diese Statistik als Erfolg, denn im Vergleichszeitraum im Jahr 2018 wurden 34 Frauen mehr ermordet (110 Feminizide). Insgesamt war die Mordrate um 25 Prozent höher (1.050 Morde).
Der Rückgang der Feminizide bedeutet jedoch nicht, dass die Gewalt insgesamt abgenommen hat. Täglich verschwinden in dem mittelamerikanischen Land bis zu zehn Menschen spurlos. Ob sie gefunden werden, hängt nach Angaben der Polizei vom Zufall ab, zum Beispiel wenn ein Tier oder ein starker Regen Spuren freilegt. Erst nach dem Fund der Leiche geht die verschwundene Person in die Mordstatistik ein. Im Jahr 2018 verschwanden rund 3.500 Menschen, die bis heute nicht gefunden wurden.
Gewalt gegen Frauen ist in El Salvador ein alltägliches Problem. Morde an Frauen sind die extremste und eine der wenigen statistisch erfassten Ausdrucksformen. Auf Druck von Frauenorganisationen haben die Behörden in den letzten zwei Jahren einige Maßnahmen unternommen, um gegen Gewalt gegen Frauen vorzugehen. So gibt es landesweit 31 Büros für Frauen in Gewaltsituationen. Im Jahr 2018 meldete die Polizei 3.916 Fälle, die dort bearbeitet wurden. Darunter fallen innerfamiliäre Gewalt, Vergewaltigung, sexuelle Gewalt und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Dies widerspiegelt jedoch in keiner Weise das Ausmaß des Problems. Die wenigsten Frauen trauen sich einer Behörde an, aus Angst, dass ihnen dort nicht glaubt wird oder sie sogar noch beschuldigt werden, selbst Schuld zu sein.
Die Behörden schreiben die Mehrzahl der Morde an Frauen der Bandenkriminalität zu. Frauenorganisationen und soziale Organisationen sehen die Ursache für die extreme Gewalt gegen Frauen in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext der Gewaltbereitschaft und in einem Klima der Straflosigkeit für Gewalt gegen Frauen. "In El Salvador wird der Mord an Frauen sozial geduldet", sagt Morena Herrera, Feministin und Aktivistin. "Wenn es akzeptabel ist, dass Frauen misshandelt, beleidigt und unterworfen werden, wachsen Männer mit der Idee auf, sie könnten ihre Partnerinnen und Ehefrauen dominieren", erklärt sie. Männer würden Frauen töten, weil sie glauben, dass sie sie folgenlos töten können.
Angaben von Frauenorganisationen zufolge stehen Frauenmorde in El Salvador meistens im Zusammenhang mit Konflikten mit einem aktuellen oder ehemaligen Partner oder mit einem männlichen Familienmitglied. Mehr als drei Viertel der Frauenmorde kommen gar nicht erst vor Gericht. Das Justizsystem trägt dann seinen Teil zur Diskriminierung bei, denn nur sieben Prozent der Fälle führen laut Angaben der Vereinten Nationen zur Verurteilung eines Täters. El Salvador gehört weltweit zu den Ländern der höchsten Straflosigkeit.