Nicaragua / Politik

Opposition in Nicaragua: Verhandeln oder doch nicht?

Nach Zusammenstößen bei Demonstration bricht Opposition Dialog mit Regierung wieder ab. Bürgerallianz uneins über weiteres Vorgehen

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Demonstranten gegen die Regierung Ortega am vergangenen Samstag in Nicaraguas Hauptstadt Managua
Demonstranten gegen die Regierung Ortega am vergangenen Samstag in Nicaraguas Hauptstadt Managua

Managua. Das heterogene blauweiße Oppositionsbündnis in Nicaragua hat am Montag erklärt, dass seine Dialog-Delegation nicht weiter an den Verhandlungen mit der Regierung teilnehmen wird. Dies gelte bis zur Erfüllung der Forderungen nach "Freilassung aller 700 politischen Gefangenen“ und der "Beendigung der Unterdrückung der Opposition". Allerdings wurden bei der Pressekonferenz zu dem eigentlich geplanten Verhandlungsbeginn aus dem Lager der Regierungsgegner mehrdeutige Aussagen gemacht. José Pallais, einer der Vertreter der Allianz, sprach davon, dass man jetzt Vertrauen und Glaubwürdigkeit für den Dialog schaffen müsse.

Die Regierung von Präsident Daniel Ortega, die sich weiter zu Verhandlungen bereit zeigt, forderte ihrerseits die Opposition zu einem "aufrichtigen Engagement" für die Gespräche und zur Kompromissbereitschaft am Verhandlungstisch auf. Die Regierungsdelegation beklagte die "widersprüchliche und ungewöhnliche Haltung" oppositioneller Gruppen, die am vergangenen Samstag zu einer Demonstration aufgerufen und "die öffentliche Ordnung und die Sicherheit nicaraguanischer Familien gefährdet" hätten. Dabei bezog sie sich auf die von der Polizei wegen Sicherheitsbedenken und nicht eingehaltenen Anmeldevorgaben verbotene Demonstration in Managua am vergangenen Samstag, bei der es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei gekommen war. 107 Personen wurden festgenommen und nach neun Stunden wieder freigelassen.

Bei der Freilassung unter Vermittlung und Begleitung des Apostolischen Nuntius Monsignore Waldemar Stanislaw Sommertag sowie der Menschenrechtsbeauftragten von Nicaragua, Dr. Corina Centeno, kam es aus den Reihen der Demonstranten zu Pfiffen und Beschimpfungen gegen den engagierten Verhandler Sommertag. Hintergrund für diese bisher nicht gekannten Angriffe scheinen Karikaturen in der Oppositionszeitung La Prensa zu sein, mit denen die positive Rolle des Nuntius im bisherigen Dialog diskreditiert werden sollte. Am Tag nach dem Vorfall erklärten mehrere politische Parteien ihre Unterstützung des Nuntius, aber von Seiten verschiedener Gruppen gingen die Kritik und die Angriffe gegen den päpstlichen Vertreter weiter.

Ein weiterer Grund für den neu entbrannten Konflikt in der Bürgerallianz (Alianza Cívica) ist die ausgehandelte Freilassung von 50 weiteren Gefangenen aus dem Untersuchungsgefängnis in den Hausarrest. Vereinbart war die Freilassung einer "nennenswerten Zahl", ein Teil der Regierungsgegner hatte jedoch offenbar eine deutlich höhere Zahl erwartet.

Die Spannungen innerhalb des Oppositionsbündnisses entwickeln sich schon seit einiger Zeit und werden auch bei den Verhandlungen und begleitenden Aktivitäten deutlich. Der Verband der großen Privatunternehmer (COSEP) stellt einen gewichtigen Teil der Delegation und ist stärker an einer Einigung interessiert als die Sandinistische Erneuerungsbewegung und einige Nichtregierungsorganisationen nahestehende Gruppen. Letztere scheinen eine weitere Eskalation des Konfliktes nicht ausschließen zu wollen und versuchen bei den Verhandlungen eine Alles oder Nichts-Strategie durchzusetzen.

Gleichzeitig erhöhen die USA ihren Druck auf die Regierung Ortega. Der im Außenministerium für Mittelamerika zuständige Todd Robinson erklärte, die US-Regierung wolle bei den nächsten Wahlen "neue Führer sehen, die nicht Ortega und Murillo heißen" und setze sich für rasche Neuwahlen ein.

Das Europäische Parlament hat unterdessen mit großer Mehrheit eine Resolution verabschiedet, die Sanktionen gegen ranghohe Vertreter der sandinistischen Regierung fordert. Ihnen sollen keine Visa erteilt und ihre Konten auf dem Gebiet der EU eingefroren werden, "bis die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten wiederhergestellt ist", heißt es darin.