Venezuela / Politik

Venezuela: Guaidó ruft zu Marsch auf Präsidentenpalast auf

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Der Oppositionspolitiker Juan Guaidó bei einer Kundgebung am Wochenende im venezolanischen Bundesstaat Vargas
Der Oppositionspolitiker Juan Guaidó bei einer Kundgebung am Wochenende im venezolanischen Bundesstaat Vargas

Caracas. Venezuelas Parlamentspräsident Juan Guaidó, der sich am 23. Januar selber zum "Interimspräsidenten" des Landes proklamierte, hat seine Anhänger zu einem "Marsch auf (den Präsidentenpalast) Miraflores" aufgerufen. Zum Zweck der Mobilisierung begann er am Samstag eine Tour durch verschiedene Bundesstaaten des südamerikanischen Landes. Die Wendung "Marsch auf Miraflores" hat in Venezuela eine besondere politische Brisanz, weil mit einer so bezeichneten Demonstration im Jahr 2002 der kurzzeitig erfolgreiche Putsch gegen den damaligen Präsidenten Hugo Chávez eingeleitet wurde.

Am 11. April 2002 hatten Anführer der Opposition ihre Anhänger zum Präsidentenpalast mobilisiert, wo gleichzeitig eine Unterstützunskundgebung für Chávez stattfand. Von den Putschisten angeheuerte Scharfschützen schossen auf beide Demonstrationszüge und töteten zahlreiche Menschen. In den großen nationalen und internationalen Medien wurde behauptet, die "bolivarischen Zirkel" hätten auf Chávez‘ Anordnung damit begonnen, ein "Massaker am Volk" zu begehen. Dies wurde zur Hauptbegründung für den Putsch. Aufständische Militärs entführten das Staatsoberhaupt und der Vorsitzende des Unternehmerverbands Fedecámaras, Pedro Carmona, erklärte sich zum Übergangspräsidenten. Massive Demonstrationen von Regierungsanhängern und die Loyalität großer Teile der Streitkäfte zu Chávez ließen den Coup scheitern. Seither haben die Behörden Märsche der rechten Opposition zum Regierungspalast stets untersagt, um mögliche Provokationen und Zusammenstöße zwischen Regierungsanhängern und -gegnern zu vermeiden.

Die Ankündigung Guaidós stellt daher eine erneute offene Herausforderung der Regierung dar. Seine Rundreise begann er in Begleitung mehrerer Parlamentarier von rechtsgerichteten Oppositionsparteien. Bei einer Kundgebung in der Stadt Valencia, rund 170 Kilometer westlich der Hauptstadt Caracas, sagte der Politiker am Samstag, er werde "sehr bald" sein Büro im Präsidentenpalast beziehen. Allerdings nannte er kein Datum für den geplanten Marsch, der als "Operation Freiheit" in den sozialen Netzwerken angekündigt wird. Guaidó räumte ein, für eine erfolgreiche Übernahme der Regierungsmacht brauche er "die volle Unterstützung" der Streitkräfte. Diese stehen jedoch mehrheitlich loyal zu Präsident Nicolás Maduro.

Rund 200 Ex-Soldaten, die dem Aufruf Guaidós zur Dersertion gefolgt waren und sich in Kolumbien aufhalten, haben sich indes über mangelnde Unterstützung beklagt. Sie sind seit rund zwei Wochen in Cucutá untergebracht und seien nun vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen aufgefordert worden, die Unterkunft innerhalb von drei Tagen zu verlassen. Weder die kolumbianische Regierung noch Vertreter der venezolanischen Opposition scherten sich um ihr Schicksal. Sie seien sich selbst überlassen, sagte einer ihrer Sprecher gegenüber Medien und forderte "eine schnelle Lösung für unser Problem hier, da wir keine Kommunikation mit unserem Präsidenten Juan Guaidó haben. Wir wollen, dass er hierher kommt, um uns gegenüberzutreten."

Seit seiner Selbsternennung wurde Guaidó von rund 50 Staaten als "Interimspräsident" anerkannt, darunter die USA, verschiedene rechtsregierte Länder Lateinamerikas und die Mehrheit der EU-Staaten. Rund drei Viertel der UNO-Mitgliedsstaaten haben sich entweder nicht geäußert oder anerkennen weiterhin den gewählten Präsidenten Maduro.