Massive Demonstrationen in Mexiko gegen Frauenentführungen und Feminizide

Seit Beginn des Kriegs gegen Drogen immer mehr Gewalt gegen Frauen. U-Bahn in Mexiko-Stadt besonderes Risiko. Frauen entwickeln Formen von Selbstschutz

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"Gegen Feminizide und Frauenentführungen". Demonstration in Mexiko-Stadt (2.2.2019)
"Gegen Feminizide und Frauenentführungen". Demonstration in Mexiko-Stadt (2.2.2019)

Mexiko-Stadt. Am 2. Februar protestierten hunderte von Frauen in Mexiko-Stadt und in weiteren 14 Bundesstaaten gegen die zunehmende Gewalt, Morde und Entführungen von Frauen im Land. Unter das Motto "Die Nacht gehört uns" zogen die Frauen mit Fahrrädern, Rollschuhen und zu Fuß bis ins Zentrum der Hauptstadt. Dort zündeten sie eine aus Pappe gefertigte Figur eines Frauenmörders an und legten eine Schweigeminute in Erinnerung an die verschwundenen und ermordeten Frauen in Mexiko ein.

Sie fordern vom Präsidenten López Obrador und von der Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, Claudia Scheinbaum Pardo, beide Mitglieder der Morena-Partei, konkrete Maßnahmen für die Sicherheit der Frauen sowie die Zerschlagung des organisierten Frauenhandels und die Festnahme der Täter.

In den letzten Monaten sind die Zahlen von Frauenentführungen in öffentlichen Räumen wie U-Bahn-Haltstellen vor allem in Mexiko-Stadt rasant gestiegen. In den sozialen Medien berichten die Frauen über den Modus Operandi der Täter und warnen andere Frauen davor, in bestimmten U-Bahn-Haltstellen ein- oder auszusteigen. Seit neuestem gab die Bürgermeisterin der Metropole ihren Sicherheitsplan für die Frauen bekannt. Dieser besteht in fünf konkreten Maßnahmen: Die Einrichtung von fünf mobilen Ministerios Públicos (lokale Staatsanwaltschaften), die vor den gefährlichsten U-Bahn-Haltstellen postiert werden, um die Anzeigen der Frauen vor Ort aufzunehmen. Es werden mehr Polizisten eingesetzt, sowie eine Verbesserung der Straßenbeleuchtung vor den U-Bahn-Haltstellen unternommen. Weiterhin werden die Ermittlungsakten neu geprüft, um eventuelle Fälle von Belästigung und Entführungsversuchen aufzudecken.

Auch das neu gegründete Frauenparlament in Mexiko-Stadt will die geschlechtsspezifische Gewalt und die Diskriminierung von Frauen in der mexikanischen Gesellschaft bekämpfen. "Das Frauenparlament wird die patriarchalischen Praktiken zerstören", schrieben die 66 Parlamentarierinnen auf Twitter. Bei der Demonstration berichteten die Frauen von 130 Feminiziden allein im Januar 2019 in Mexiko. 

Laut Angaben der Vereinten Nationen gab es von Januar bis September 2018 mindestens 607 Morde an Frauen in dem nordamerikanischen Land. Die Geophysikerin und Aktivistin Maria Salgero, die eine Landkarte der Frauenmorde in Mexiko entworfen hat, verzeichnet sogar 1.165 gewaltsame Todesfälle von Frauen im vergangenen Jahr. Salguero dokumentiert wichtige Daten wie Alter und Familienstand des Opfers, ihre eventuelle Beziehung mit dem Täter, ihre Bevölkerungsschicht, sowie Art und Weise des Mordes. Zusammen mit anderen Frauen dokumentiert sie auch Fälle von Verschwindenlassen von Frauen, denn für sie sind diese "die Einleitung eines Frauenmordes". Mit dem Beginn des Krieges gegen die organisierte Kriminalität im Jahr 2006 unter der Regierung von Felipe Calderón nahmen auch die Fälle von Verschwindenlassen und Feminicidios zu, so Salguero.

Eine weitere Initiative ist das interdisziplinäre Team Serendipia. Die Gruppe hat eine Handy-App für die Registrierung von Entführungsversuchen entwickelt, die bisher nur in Mexiko-Stadt und dem Estado de México funktioniert. Außerdem dokumentieren sie Berichte von Frauen über Entführungsversuche und Belästigungen in öffentlichen Räumen. Sie liefern nach ihrer Selbstbeschreibung keine repräsentativen Daten, sondern wollen "die Informationen für Frauen zugänglich machen".