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Bolivien und EU verhandeln über Handelsabkommen

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Außenminister Diego Pary vertritt Bolivien in den Gesprächen mit der EU über ein Handelsabkommen
Außenminister Diego Pary vertritt Bolivien in den Gesprächen mit der EU über ein Handelsabkommen

Brüssel/La Paz. Am 3. Februar hat der bolivianische Außenminister Diego Pary angekündigt, in den nächsten Tagen eine Regierungskommission nach Europa zur Verhandlung eines "wechselseitigen Handelsabkommens" zu schicken. Ziel der Reise ist ein Treffen mit Experten der Europäischen Union, bei dem eine gemeinsame Agenda und die Verhandlungsbedingungen vereinbart werden. Vorausgegangen waren Gespräche zwischen dem bolivianischen Außenministerium und hohen EU-Vertretern in Brüssel.

"Wir werden damit beginnen, uns über Themen und Produkte des Handelsabkommens auszutauschen. Wir bezeichnen das Abkommen deswegen als wechselseitig, weil es aus unserer Sicht auf einem Konsens beider Verhandlungspartner basieren soll", erklärte Pary auf einer Pressekonferenz in La Paz. Bolivien beabsichtige Vereinbarungen mit der gesamten EU, wobei insbesondere die bolivianischen Kleinstunternehmen von dem Abkommen profitieren sollen.

Pary betonte, dass sich die Sicht der EU auf Bolivien in den letzten Jahren verändert habe: Bolivien gelte nicht mehr nur als Empfänger von Entwicklungshilfe, sondern als Investitionsland mit Wachstumspotential. Wenige Tage zuvor hatte der Minister ein Treffen zwischen bolivianischen Wirtschaftsexperten mit EU-Handelsvertretern in La Paz geleitet. Dabei ging es um das Allgemeine Präferenzsystem (APS+), das die EU Bolivien einräumt. Das APS+ ist ein handelspolitisches Instrument der EU und gewährt Entwicklungsländern Zollermäßigungen oder Sonderpräferenzen bei der Einfuhr bestimmter Waren, sofern die Länder aus Sicht der EU bestimmte Bedingungen erfüllen. Die Gewährung dieser Handelspräferenzen hängt von der Einstufung des Wirtschaftspotentials der jeweiligen Länder durch die Weltbank und der Einhaltung internationaler Verträge ab. Über die Gewährung des APS+ entscheidet allein die EU, ohne jedoch im Gegenzug Zollsenkungen auf europäische Waren von den Partnerländern einzufordern. Bei dem Treffen hoben Privatunternehmer aus dem agroindustriell geprägten Santa Cruz die Bedeutung des APS+ für die Entwicklung der bolivianischen Wirtschaft hervor.

Das Handelsabkommen war auch Thema bei der Zusammenkunft zwischen Pary und der Vizeaußenministerin Boliviens, Carmen Almendras, mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am 29. Januar in Brüssel. Beide Seiten betonten die guten bilateralen Beziehungen, die in den letzten Jahren zur Vertiefung der politischen Kontakte und der Finanzkooperation geführt hätten. Mogherini meldete das gestiegene Investitionsinteresse der EU in Bolivien an. Die Union sei insbesondere an der Industrialisierung von Rohstoffen, dem Technologietransfer und der Förderung von Kleinunternehmen interessiert. Gegenstand der Gespräche waren darüber hinaus die multilaterale Zusammenarbeit sowie die Entwicklungen in Venezuela und die Präsidentschaftswahlen im Oktober 2019 in Bolivien.

Bilaterale Beziehungen zwischen der EU und Bolivien bestehen seit der Unterzeichnung eines Rahmenkooperationsabkommens im Jahr 1993. Jedoch wurde bis heute kein gemeinsames Handelsabkommen unterzeichnet. Im Jahr 2008 hatte sich Bolivien aus den Freihandelsverhandlungen zwischen der EU und der Andengemeinschaft zurückgezogen, weil die bolivianische Regierung das Privatisierungsgebot öffentlicher Dienstleistungen und die Regelungen über geistige Eigentumsrechte ablehnte.