Nicaragua / Politik

Nicaragua: Neun NGO die Rechtspersönlichkeit entzogen, Besitz beschlagnahmt

Regierung wirft Nichtregierungsorganisationen vor, einen versuchten Putsch gegen Präsident Daniel Ortega aktiv unterstützt zu haben

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Cenidh-Aktivisten bei der Pressekonferenz nach dem Parlamentsbeschluss. Dritte von Links: Vilma Núñez, die langjährige Präsidentin. Sie wurde 2017 vom US-Außenministerium mit dem "Internationalen Preis für mutige Frauen" ausgezeichnet
Cenidh-Aktivisten bei der Pressekonferenz nach dem Parlamentsbeschluss. Dritte von Links: Vilma Núñez, die langjährige Präsidentin. Sie wurde 2017 vom US-Außenministerium mit dem "Internationalen Preis für mutige Frauen" ausgezeichnet

Brüssel/Managua. Die Außenbeauftragte der Europäischen Union, Federica Mogherini, hat den Entzug der Rechtspersönlichkeit von Organisationen der Zivilgesellschaft in Nicaragua als "weiteren Schritt gegen die Rechtsstaatlichkeit" kritisiert. Es liege in der Verantwortung der nicaraguanischen Behörden, eine lebendige Zivilgesellschaft und eine freie Presse zu gewährleisten und zu schützen. Nur durch Dialog, echte Reformen, freie und faire Wahlen werde eine nationale Aussöhnung möglich, heißt es weiter in ihrer Stellungnahme.

In der vergangenen Woche hatte das Parlament Nicaraguas acht Nichtregierungsorganisationen (NGO) wegen ihrer Beteiligung an dem Putschversuch gegen die Regierung von Präsident Daniel Ortega im Frühjahr und Sommer dieses Jahres ihre Rechtspersönlichkeit entzogen. Nachdem der Gesundheitsorganisation Cisas nach der Ausweisung der Direktorin Ana Quiros nach Costa Rica bereits am 29. November die Organisationsrechte entzogen worden waren, folgte in der vergangenen Woche das Prozedere für acht weitere Organisationen. Neben dem Institut für Strategische Studien und öffentliche Politik (IEEPP), dessen Direktor Félix Maradiaga wegen Terrorismus und organisierter Kriminalität angeklagt wurde, der Menschenrechtsorganisation Cenidh, die eine rechtliche Vertretung und Unterstützung von Aktivisten und ihre Familien im Zusammenhang mit dem Aufstandsversuch organisiert hatte, wurde auch der Popol Na-Stiftung der international bekannten Kritikerin Ortegas, Mónica Baltodano, und den Organisationen Hademos, Cinco, Ipade, Instituto de Liderazgo de las Segovias und der Fundación del Río die Rechtspersönlichkeit entzogen.

Laut der Erklärung der Innenministerin María Amelia Coronel hätten sie gegen das Gesetz 147 für gemeinnützige Organisationen verstoßen. Die NGO seien aktiv an dem gescheiterten Putschversuch beteiligt gewesen und hätten den Terrorismus gefördert, Hassdelikte begangen und die Zerstörung öffentlicher und privater Institutionen unterstützt. Tausende Familien seien durch die demütigende und verunglimpfende Behandlung, durch Bedrohung, Folterung und Entführung in ihren Menschenrechten und ihrer Würde verletzt worden, so das Ministerium. Laut der Entscheidung der Nationalversammlung werden alle Vermögenswerte der neun Organisationen an den Staat übertragen. Aus diesem Vermögen soll ein Fonds für die Betreuung und Wiedergutmachung für Opfer der gewaltsamen Proteste eingerichtet werden.

Pablo Abrao, der Exekutivsekretär der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) warf der Regierung von Nicaragua vor, dass mit dem Verbot von Protesten und einer Gesetzgebung, die ermögliche, NGO zu schließen, ein neuer Prozess der Verfolgung und Kriminalisierung der Opposition begonnen habe. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, forderte die Regierung Ortegaa auf, "die Verfolgung von Menschenrechtsaktivisten, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Journalisten und regierungskritischen Medien unverzüglich einzustellen".

Nach der Schließung von Cenidh protestierten auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, und deutsche Unterstützer der betroffenen NGO gegen die als "willkürlich" bezeichnete Aufhebung des Rechtsstatus von Menschenrechtsorganisationen.