Bolivien / Politik

Gewalt bei Protesten der Opposition in Bolivien

Ein Todesopfer und Verletzte bei Ausschreitungen von Regierungsgegnern gegen Wiederwahl von Präsident Morales

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Die Regierung in Bolivien macht solche Motorrad-Gruppen der Opposition für Gewalt und Tote verantwortlich
Die Regierung in Bolivien macht solche Motorrad-Gruppen der Opposition für Gewalt und Tote verantwortlich

La Paz. In Bolivien ist es in dieser Woche zu gewalttätigen Ausschreitungen der Opposition gegen die erneute Kandidatur des amtierenden Präsidenten Evo Morales gekommen. Die als Generalstreik deklarierten schweren Krawalle mit einem Todesopfer folgten auf die Entscheidung des Obersten Wahlgerichts (TSE), eine vierte Kandidatur des ersten indigenen Präsidenten des südamerikanischen Landes zuzulassen. Die Richter billigten die Bewerbungen von Morales und weiteren Bewerbern für Vorwahlen im kommenden Januar.

Die Opposition hält den Vorgang für verfassungswidrig. Laut Verfassung ist eine erneute Kandidatur von Morales im kommenden Jahr eigentlich nicht möglich. Auch hatte das Regierungslager Anfang 2016 eine Volksabstimmung verloren, um eine erneute Bewerbung des populären Amtsinhabers zu ermöglichen. Das Verfassungsgericht genehmigte Morales' Kandidatur dennoch und argumentierte unter Berufung auf die von Bolivien unterzeichnete Amerikanische Menschenrechtskonvention, das Recht zur Kandidatur für ein politisches Amt wiege stärker als die Verfassungsregeln.

Bei den Ausschreitungen der Opposition wurde nun eine Frau getötet, mehrere Polizisten wurden verletzt. Die 56-jährige Frau kam bei einem Handgemenge mit Regierungsgegnern in der Stadt Riberalta im Amazonas ums Leben, berichtete Innenminister Carlos Romero. Zu dem tödlichen Zusammenstoß sei es gekommen, als gewalttätige Kommandos der Opposition am Mittwoch Geschäfte belagerten, um deren Öffnung während eines selbstdeklarierten "Generalstreiks“ zu verhindern. Über den Kurznachrichtendienst Twitter bedauerte Präsident Morales den Tod von Suleydi E. und drückte "ihrer Familie und den Menschen von Riberalta“ sein Beileid aus.

Zu Spannungen kam es Mitte der Woche auch in La Paz vor dem Sitz des Obersten Wahlgerichts. Oppositionsgruppen, die einen Ausschluss Morales’ von den nächsten Wahlen forderten, attackierten das Gerichtsgebäude mit Steinen, Stöcken und Farbe. Dabei wurden zwei Polizisten verletzt, so ein Polizeibericht.

Innenminister Romero bezeichnete die Proteste von Teilen der Opposition gegen die Gerichtsentscheidungen als Versuch, das Land zu destabilisieren, um die eigenen politischen Ziele durchzusetzen. Dies sei jedoch nicht gelungen. "Es war eine Aktion mit vorrangig parteipolitischen Zielen, dennoch sind Wirtschaftsaktivitäten und Dienstleistungen im gewohnten Umfang weitergegangen", so Romeros erste Bilanz.

Für die Regierungspartei Bewegung zum Sozialismus (MAS) hatten sich Präsident Morales und sein Vertreter Álvaro Linera García beworben. Der aussichtsreichste Oppositionskandidat, Ex-Präsident Carlos Mesa, meldete sich gemeinsam mit seinem damaligen Minister für nachhaltige Entwicklung, Gustavo Pedraza, für die Allianz Bürgergemeinschaft an.

Die Opposition hat derzeit nur mäßige Chancen auf eine erneute Regierungsübernahme. Kurz vor der Einschreibung der Kandidaten Anfang dieses Monats hatte sich das Oppositionsbündnis “Bolivien sagt Nein” aufgelöst. Die Allianz bestand aus der Demokratisch-Sozialen Bewegung (Demócratas) von Rubén Costas, Gouverneur von Santa Cruz, und der Nationalen Einheit von Samuel Doria Medina. Den Rückzug von Doria Medina bezeichneten die Mitglieder der Demócratas als "politische Feigheit" und "mangelnden Respekt vor Verpflichtungen". Nach der offiziellen Trennung des Bündnisses registrierte Costas den Senator aus Santa Cruz, Óscar Ortiz, und Edwin Rodriguez, Senator aus Potosí für seine Partei.

Von jeder politischen Partei durfte sich lediglich ein Duo für die Vorwahlen anmelden, die am 27. Januar 2019 stattfinden werden. Die Opposition hoffte bis zuletzt auf den Ausschluss von Morales und García Linera durch die Wahlbehörde.

Das TSE hatte zum ersten Mal in der Geschichte des Landes festgelegt, dass die Präsidentschaftskandidaten der Parteien durch ihre Mitglieder gewählt werden müssen, bevor sie sich der Bevölkerung zur Abstimmung stellen.