Brasilien / Politik

Ermittlungen gegen Vertreter der designierten Regierung Bolsonaro in Brasilien

Vorwürfe gegen zwei führende Funktionäre der künftigen Staatsführung. Justizminister Moro spricht Beschuldigtem Vertrauen aus

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Haben sich auch schon vor der Kamera gut verstanden: Sergio Moro (li.) und Onyx Lorenzoni (re.)
Haben sich auch schon vor der Kamera gut verstanden: Sergio Moro (li.) und Onyx Lorenzoni (re.)

Brasilia. In Brasilien hat der Oberste Gerichtshof ein Ermittlungsverfahren gegen den künftigen Kabinettschef des designierten Präsidenten Jair Bolsonaro eröffnet. Generalstaatsanwältin Raquel Dodge bat das Gericht in diesem Zusammenhang zu überprüfen, ob Onyx Lorenzoni illegale Wahlkampfspenden von der weltgrößten Fleischfirma JBS S.A. entgegengenommen hat. Lorenzoni, ein langjähriger Parlamentsabgeordneter, wurde von Bolsonaro zum künftigen Staatsminister berufen.

Die Firma JSB S.A. hatte im Jahr 2017 internationales Aufsehen erregt, als sie in großem Maße chemisch präpariertes Gammelfleisch mit Frischfleisch vermengt und exportiert hatte.

Bereits 2017 haben Manager des Konzerns in einem Deal mit der Justiz vor Gericht Aussagen über die Nutznießer ihrer umfangreichen Bestechungsgeschäfte gemacht. Dabei wurde auch Lorenzoni genannt, der über 52.000 US-Dollar erhalten haben soll. Insgesamt seien in den vergangenen Jahren gut 1.800 Politiker Brasiliens von dem Fleischkonzern mit 10,3 Milliarden Reais bedacht worden.

Lorenzoni erklärte indes, er mache sich keine Sorgen um das drohende Verfahren. Er sei sicher, das Oberste Gericht werde die Ermittlungen einstellen.

Damit steht bereits der zweite künftige Regierungsbeamte Bolsonaros unter Korruptionsverdacht. Gegen den zukünftigen Wirtschaftsminister Paulo Guedes wurde kurz vor der Stichwahl ebenfalls ein Untersuchungsverfahren eingeleitet. Der ehemalige Banker und Finanzberater steht im Verdacht des Verwaltungsbetrugs und der Veruntreuung. Zwischen 2009 und 2014 soll er mit seiner Beraterfirma für Anlagengeschäfte rund 260 Millionen US-Dollar aus Pensionsfonds in Investitionsprojekte gelenkt und dabei die Zahlen manipuliert haben.

Betroffen sind die Pensionsrücklagen von sieben großen staatlichen oder halbstaatlichen Betrieben, darunter von Petroleo Brasileiro S.A., der Banco do Brasil und der brasilianischen Post. Die Beraterfirma Guedes’ hat nach Ansicht der Staatsanwaltschaft zudem weit überhöhte Kommissionen kassiert.

Guedes Anwälte halten dem entgegen, er habe nichts Illegales getan. Ihr Mandant habe nur eine Beraterfunktion innegehabt. Zudem seien die Investitionsentscheidungen von den jeweiligen Komitees der Pensionsfonds getroffen worden. Auch die Honorarforderungen hätten sich im Rahmen der üblichen Berechnungskriterien des Marktes bewegt.

Der designierte Präsident Bolsonaro sagte, er wisse nicht, worum es bei dem Untersuchungsverfahren gegen seinen künftigen Wirtschaftsministergehe solle. Allerdings werde jedes Mitglied seiner Regierung entlassen, wenn es sich eines Verbrechens schuldig mache. Er habe eine Vereinbarung mit dem zukünftigen Justizminister Sergio Moro getroffen, dass jeder Regierungsangehörige gehen müsse, wenn es einen belastbaren Vorwurf gebe.

Der frühere Richter Moro sprach Lorenzoni trotz der laufenden Ermittlungen indes sein Vertrauen aus. Moro lobte den Verdächtigen als Verteidiger des Kampfes gegen die Korruption. Er verwies darauf, dass gerade die Staatsanwaltschaft die Verabschiedung neuer Gesetze gegen Korruption durch den Kongress befürworte. Moro war dadurch bekannt geworden, dass er den ehemaligen Präsidenten und Präsidentschaftskandidaten Luiz Inácio Lula da Silva hartnäckig verfolgt und nach einem international umstrittenen Prozess zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt hat.

Nachdem Moro das Angebot Bolsonaros für den Posten des Justizministers angenommen hat, beantragte die oppositionelle Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) ein Verfahren wegen Befangenheit gegen den ehemaligen Ermittlungsrichter. Es solle geklärt werden, ob bei der Verurteilung Lulas durch Moro nicht dessen politische Position eine entscheidende Rolle gespielt habe. Das Verfahren ist bislang noch nicht abgeschlossen.