Wahlkampffinanzierung von Bolsonaro in Brasilien im Visier der Behörden

Gericht untersucht Spendensammlungen während Wahlkampagne. Justiz ermittelt gegen künftigen Superminister wegen Veruntreuung von Pensionsfonds

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Die Wahlbehörde Brasiliens ermittelt gegen Jair Bolsonare wegen "Unregelmäßigkeiten" in seiner Wahlkampffinanzierung
Die Wahlbehörde Brasiliens ermittelt gegen Jair Bolsonare wegen "Unregelmäßigkeiten" in seiner Wahlkampffinanzierung

Brasília. Das Oberste Wahlgericht Brasiliens hat festgestellt, dass der ultrarechte designierte Präsident Jair Bolsonaro möglicherweise über eine Million US-Dollar aus illegalen Spendensammlungen erhalten hat. Ein Teil dieser Gelder stamme zudem aus anonymen Quellen. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Behörde moniert zudem die mangelnde Transparenz der Rechnungslegung seiner Wahlkampagne.

Laut den Analysten des Gerichts enthalten die "gesetzlich verpflichtenden Aussagen und Unterlagen des Kandidaten eine Reihe von Unstimmigkeiten". Die Spendensammlungen im Internet, die er als Hauptfinanzierungsquelle angegeben habe, seien illegal. Bolsonaro habe auch die vorgeschriebenen Fristen nicht eingehalten, nach denen die Einnnahmen und Ausgaben der Kampagne dem Wahlgericht vorzulegen sind. Auch seien Widersprüche zwischen den von ihm angegebenen Summen und den Zahlen festgestellt worden, welche die Behörden registriert hatten. Bolsonaro hat nach eigenen Angaben für seine Kampagne nur die Hälfte der angegebenen Spendensumme verbraucht, rund 500.000 US-Dollar. Der Verbleib der restlichen Gelder sei nicht nachvollziehbar.

Zusätzlich zu diesen neuen Ermittlungen laufen gegen Bolsonaro Untersuchungen weiter, die kurz vor der Stichwahl eingeleitet worden waren. Dabei geht es um die indirekten Finanzierungen seines Wahlkampfes in Höhe von 3,6 Millionen Dollar durch etwa 150 brasilianische und internationale Konzerne. Seit dem Jahr 2005 sind Wahlspenden von Unternehmen in Brasilien verboten.

Diese Konzerne bezahlten digitale Marketing-Agenturen, die vor allem über WhatsApp-Gruppen tausende von manipulativen sowie diffamierenden und falschen Meldungen gegen Bolsonaros Hauptkonkurrenten, Fernando Haddad von der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) verbreiteten. Dabei hätten sie auch Datenbanken von Drittanbietern genutzt, die illegal auf dem Schwarzmarkt zu kaufen sind. Beobachter sehen in diesen vom Wahlgesetz verbotenen Aktionen einen wesentlichen Faktor für den Zuwachs an Stimmen für Bolsonaro von 17 Prozent auf 55 Prozent innerhalb von nur zwei Monaten.

Facebook und Twitter erklärten gegenüber der Wahlbehörde, sie seien von Bolsonaro oder seiner Sozialliberalen Partei nicht für die Verbreitung von Nachrichten bezahlt worden. Von Google, Instagram und WhatsApp, die ebenfalls befragt wurden, stehen die Antworten noch aus.

Bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen war in Brasilien die Wahlwerbung im Internet zum ersten Mal erlaubt. Für die Inhalte mussten sich Parteien, Bündnisse, Kandidaten oder deren Repräsentanten eindeutig verantwortlich erklären und vertraglich festlegen. Der Kampagne Bolsonaros wird unter anderem vorgeworfen, diese Bedingungen nicht erfüllt zu haben.

Gegen den zukünftigen "Superminister" Paulo Guedes ermittelt die Justiz weiterhin im Zusammenhang mit Pensionsfonds. Vier Tage vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen leitete die Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungem gegen den Banker und Finanzberater ein. Der an der US-Universität Chicago promovierte Befürworter einer radikal neoliberalen Ökonomie, Mitgründer der führenden brasilianischen Investmentbank Pactual (heute BTG Pactual), der Denkfabrik Instituto Millennium und Chef des Vermögensverwalters Bozano Investimentos, war seit November 2017 Wirtschatsberater von Bolsonaro und soll in der neuen Regierung das Finanz-, Wirtschafts- und Industrieministerium leiten.

Guedes wird des Verwaltungsbetrugs und der Veruntreuung beschuldigt. Zwischen 2009 und 2014 soll er mit seiner Firma rund 260 Millionen US-Dollar aus Pensionsfonds von sieben großen staatlichen oder halbstaatlichen Betrieben in Investitionsprojekte gelenkt und dabei erhebliche Summen manipuliert haben. Die Beraterfirma von Guedes habe außerdem überhöhte Honorare bekommen, so die Staatsanwaltschaft. Seine Anwälte argumentieren dagegen, dass Guedes lediglich als Berater fungiert habe und die Investitionsentscheidungen bei den jeweiligen Komitees der Pensionsfonds lagen. Auch die Honorarforderungen hätten sich im üblichen Rahmen bewegt.