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Bildungsprotest in Kolumbien: Demos, Hungerstreik und Blockaden

Kritik an Staatshaushalt und Privatisierung. Landesweit fordern Studierende, Schüler und Lehrkräfte ein sozial gerechtes öffentliches Bildungssystem

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Demonstration von Studierenden in Medellín
Demonstration von Studierenden in Medellín

Bogotá et al. Knapp zwei Monate nach seinem Amtsantritt sieht sich Kolumbiens neuer Präsident Iván Duque bereits mit den ersten massiven Protesten konfrontiert. Studierende, Schüler Lehrer, Professoren und Mitarbeiter der Bildungseinrichtungen kritisieren die Privatisierungsvorhaben der öffentlichen Schulen und Universitäten seitens der neoliberalen, ultrarechten Regierung.

Die Sprecher der Bildungsproteste fordern eine Sicherung der öffentlichen Bildung, zu der in Kolumbien die Bevölkerung sehr begrenzt Zugang hat. So ist an den staatlichen Universitäten beispielsweise lediglich rund die Hälfte der Studierenden eingeschrieben, wohingegen die andere Hälfte horrende Summen an privaten Hochschulen zahlen muss.

Zu den konkreten Forderungen gehört die Ausweitung der Investitionen in den Bildungssektor. Zudem wird kritisiert, dass die Bildungskredite dazu führen, dass sich Studierende für Jahre verschulden. Präsident Duque hatte angekündigt, das Stipendienprogramm "Klug sein zahlt sich aus" für besonders Begabte zu beenden, das der ehemalige Präsident Juan Manuel Santos für Kinder benachteiligter Familien eingeführt hatte. Diese konnten über eine Subvention Zugang zu sonst unbezahlbaren Ausbildungs- und Studienplätzen erlangen. Die Protestiereden fordern die Erhaltung des Programms und die Ausweitung eines sozialen und gerechten Bildungssystems.

Seit dem 10. Oktober finden täglich Demonstrationen statt, gehen in vielen Landesteilen und allen größeren Städten tausende Teilnehmer auf die Straßen. In Kolumbien haben Proteste von Studierenden schon seit vielen Jahren keine solchen Wellen geschlagen. Sie begannen mit einer Großdemonstration von Studierenden in Bogotá, mit denen sich schnell weitere Sektoren der Gesellschaft solidarisch erklärten und ihrerseits zu Protesten aufriefen. In der Hauptstadt kommt es seitdem fast täglich zu Aktionen. Teile der staatlichen Universität sind besetzt, auch aus den privaten Hochschulen beteiligen sich Studierende, blockieren Straßen und richten Streikposten ein. Der öffentliche Personennahverkehr Transmilenio wird immer wieder in verschiedenen Vierteln lahmgelegt. Adolfo León Atehortúa, ehemaliger Hochschuldirektor und gegenwärtig Professor an der Universidad Pedagógica Nacional befindet sich seit dem 11. Oktober in seiner Hochschule in Bogotá im Hungerstreik.

Die Lehrergewerkschaft Fecode hatte für den 24. Oktober einen 24-stündigen Warnstreik ausgerufen und angekündigt, diesen zu verlängern, falls die Regierung nicht auf die Forderungen der Studierenden und Gewerkschaften eingeht. In allen Städten des Landes fällt der Unterricht in den öffentlichen Schulen aus, alleine in Cali sind zum Beispiel über 90 Schulen geschlossen.

In Buenaventura haben über 300 Studierende verschiedener Universitäten die Zufahrten zum Hafen blockiert. Die Infrastruktur wird immer wieder durch Kundgebungen und Demonstrationen gestört.

Auch in der Kaffeezone, einer traditionell eher weniger mobilisierungssstarken Gegend, haben über 1.500 Personen die Hauptverkehrsstraße blockiert. Die Autopista del Café verbindet den Süden des Landes mit der Mitte.

Ein Rechtswissenschaftsstudent der Universidad del Magdalena befindet sich im Hungerstreik, unterstützt von den Protestierenden seiner Universität. Er hat sich am 23. Oktober den Mund zugenäht, sein Gesundheitszustand ist aber laut seiner medizinischen Betreuung weiterhin stabil.

Präsident Duques Reaktion auf die Proteste bestand bisher lediglich darin, die streikenden Lehrkräfte aufzufordern, ihre Arbeit wieder aufzunehmen um den Unterrichtsausfall zu beenden. Zudem erklärte er, dass der Bildungsetat ausreichend sei.