Chiles Parlament nimmt Gesetz über Geschlechteridentität an

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Freude nach dem Abstimmungsergebnis vom 15. September über das Gesetz über Geschlechteridentität in der Abgeordnetenkammer in Chile
Freude nach dem Abstimmungsergebnis vom 15. September über das Gesetz über Geschlechteridentität in der Abgeordnetenkammer in Chile

Santiago. Die Abgeordnetenkammer in Chile hat mit großer Mehrheit ein Gesetz angenommen, das über 14-jährigen transsexuellen Menschen erlaubt, sich offiziell gemäß ihrer sozialen Geschlechteridentität zu registrieren. Nachdem Senatoren und Abgeordnete das Gesetz beschlossen haben, liegt es dem konservativen Präsidenten Sebastían Piñera zur Unterzeichnung vor. Piñera befürwortet die Regelung.

Verbunden mit dem Recht auf Registrierung ist auch das Recht, in allen Bereichen, wie etwa in der Schule oder bei der Arbeit gemäß der Geschlechteridentität behandelt und angeredet zu werden, der sich die betroffene Person zugehörig fühlt. Während für Erwachsene die Änderung des registrierten Geschlechts in einem simplem Amtsgang erledigt werden kann, ist für Minderjährige ein komplexeres Vorgehen notwendig. Der Gesetzesvorschlag hatte ursprünglich auch Kinder berücksichtigt, die jünger als 14 Jahre sind. Der Senat hat diesbezüglich eine Änderung durchgesetzt. Die Nichtregierungsorganisation "Stiftung Gleichberechtigte" (Fundación Iguales), die sich für die Rechte von Kindern mit Transidentität einsetzt, freut sich deswegen zwar über die neue Regelung, betont aber, dass der Staat bei Kindern unter 14 Jahren weiterhin in der Schuld stehe.

Die Befürworter des Gesetzes argumentierten nicht nur unter Bezugnahme auf Menschenrechte und die psychische Integrität der Betroffenen, sondern auch auf ihren Glauben und auf Tugenden, insbesondere im Fall von konservativen Abgeordneten, die für das Gesetz votierten. Auch die Gegner nahmen auf "christliche Werte" Bezug, interpretierten sie hingegen anders: Sie warnten vor "Wertezerfall, Relativismus und Genderideologie". Sie erklärten zudem, sie fühlten sich von der Regierung verraten. Auch am evangelikalen Te Deum vom 16. September, das anlässlich des chilenischen Nationalfeiertags abgehalten wurde, bezeichneten protestierende Gläubige den Präsidenten als Verräter. Bei derselben Feier war vergangenes Jahr die damalige Präsidentin Michelle Bachelet wegen der teilweisen Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs als Mörderin beschimpft worden. Der Sieg der Rechten galt den Evangelikalen damals als Hoffnungsschimmer für die Durchsetzung ihrer Anliegen.

Vertreter der rechtskonservativen Partei Unión Democrática Independiente kommentierten, das Gesetz sei womöglich nicht verfassungskonform, weshalb eine Revision durch das Verfassungsgericht möglich wäre. Dieses hat in den vergangenen Monaten bereits Gesetzesänderungen für unrechtmäßig erklärt, die vom Parlament verabschiedet worden war, und stand dafür heftig in Kritik.

Bereits 2013 hatten die Organización TransDiversidades zusammen mit der Fundación Iguales und der Unterstützung einer Gruppe von Parlamentariern die Vorlage eingereicht. Das Parlament begann schließlich im Jahr 2017 mit den Debatten. Eine Kommission mit Vertretern beider Kammern arbeitete den aktuellen Vorschlag aus. Das Thema Trans-Identitäten wurde in den vergangenen fünf Jahren immer stärker diskutiert, LGBT-Organisationen mobilisierten und informierten mit der Forderung nach Bearbeitung und Annahme des neuen Gesetzes.