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Mexikos neue Regierung will Drogen entkriminalisieren

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Die zukünftige Regierung Mexikos denkt über eine Entkriminalisierung von Drogen nach, insbesondere von Marihuana
Die zukünftige Regierung Mexikos denkt über eine Entkriminalisierung von Drogen nach, insbesondere von Marihuana

Mexiko-Stadt.Die designierte Regierung in Mexiko unter Andrés Manuel López Obrador will eine Kehrtwende in der Drogenpolitik vollziehen. Die künftige Innenministerin Olga Sánchez Cordero kündigte in der vergangenen Woche an, sich bei den Vereinten Nationen um eine Entkriminalisierung von Rauschmitteln bemühen zu wollen. Dies betreffe zunächst Marihuana: "Es geht nicht um Legalisierung, nur um Entkriminalisierung", betonte die Politikerin, die zwei Jahrzehnte lang Richterin am Obersten Gericht war. In der Zukunft könne das auch den Mohn zur Herstellung von Heroin betreffen. In Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen könnte sein Anbau "zu medizinischen Zwecken" freigegeben werden, jedoch unter strengen Auflagen.

Der Vorschlag zielt auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ab. Die bisherigen Anti-Drogen-Strategien seien "zu strikt", so Sánchez Cordero. Der Schwerpunkt liege zu sehr auf der Bestrafung, dabei gelinge es den Behörden derzeit lediglich, drei bis acht Prozent der Drogen, die in Richtung Grenze zu den USA transportiert werden, zu konfiszieren. Auf der anderen Seite würden die Drogenkartelle rund 25 Milliarden US-Dollar im Jahr allein in Mexiko waschen, in den USA sei es zehnmal so viel Geld.

Die Ministerin, die ihr Amt gemeinsam mit dem Präsidenten am 1. Dezember antritt und derzeit, wie auch das übrige Kabinett, den Übergang vorbereitet und Gesetzesvorschläge für die Legislatur ausarbeitet, schlug eine internationale Konferenz vor, in der über Entkriminalisierung und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität gesprochen werden soll. "In den Schmugglerkorridoren haben die Kartelle ein Heer von Toten hinterlassen und sie unterscheiden nicht nach Nationalität", erklärte sie.

Die Drogenpolitik in Mexiko folgt bisher dem Motto der "Harten Hand". Im Jahr 2006 rief der damalige Präsident Felipe Calderón den Krieg gegen die Drogenkartelle aus, schickte Militär auf die Straßen und versuchte, die Macht der Drogenbosse mit Gewalt zu brechen. Doch das Gegenteil des erhofften Ergebnisses ist eingetreten: Die Gewalt im Land ist seitdem eskaliert. Im Jahr 2017 registrierte Mexiko einen neuen Höchststand von mehr als 29.000 Morden, Menschenrechtsorganisationen zählen aktuell rund 35.000 Verschwundene. Viele Menschenrechtsverletzungen werden Militär und Polizei selbst zugeschrieben.

Von Politiker der künftigen Opposition waren noch keine Reaktionen auf die Pläne zur Entkriminalisierung zu hören. Viel könnten sie aber wohl auch nicht ausrichten, da die Partei von López Obrador eine klare Mehrheit im Parlament haben wird. Die neuen Abgeordneten treten ihren Dienst bereits am 1. September an.

Der Wissenschaftler Alejandro Madrazo von der wirtschaftswissenschaftlichen Hochschule CIDE lobte im Interview mit der Journalistin Carmen Aristegui die Pläne von Sánchez Cordero. Auch er konstatierte, dass die bisherige restriktive Drogenpolitik fehlgeschlagen ist. Man müsse sich mehr auf die Bedürfnisse der mexikanischen Gesellschaft konzentrieren und nicht "die Knochen für die USA hinhalten", so Madrazo. Marihuana sei schon in anderen Ländern inklusive einzelnen Staaten der USA legalisiert worden und habe sogar Wirtschaftswachstum gebracht. Im Hinblick auf den Anbau von Mohn sei es wichtig, mit den Vereinten Nationen zusammenzuarbeiten, um eine Entkriminalisierung zu medizinischen Zwecken zu erreichen. Dann könnte in armen Bundesstaaten wie Guerrero eine pharmazeutische Industrie entstehen, die Medizinprodukte aus Mohn in die ganze Welt exportiere.